Schwerpunkt

Jugend und Klima

Zukunftsperspektiven und Chancen für junge Menschen sichern

Die Jugend, ein mystisches Wesen. Oft liegt hinter dem Begriff Jugend das Bild einer verschmolzenen Gruppe der Gesellschaft. Die Jungen sind eben die, die in etwa dasselbe Alter haben und in ähnlichen Lebenslagen sind. Tatsächlich muss man das eigene Bild der Jugend zurechtrücken, wir alle kommen mit ungleichen Chancen auf die Welt und diese ungleichen Startbedingungen ziehen sich durchs ganze Leben. Natürlich bestimmen die unterschiedlichen Chancen auch das Leben von jungen Menschen. 

Bei ökonomisch gut ausgestatteten Eltern mit hohem Bildungsabschluss und gesichertem Einkommen lebt der Nachwuchs eher in einer Eigentumswohnung oder einem Haus mit Garten und wird selbst eine höhere Ausbildung genießen. Auf der anderen Seite müssen viele Familien mit geringeren Einkommen leben. Dann gibt es nur die kleine Mietwohnung, das Zimmer muss mit ein oder mehreren Geschwistern geteilt werden und der Schulausflug kann mangels verfügbarer Einkommen oft nicht bezahlt werden. Den Mythos der einen Jugend gibt es so in der Realität also nicht. Von Beginn weg haben junge Menschen unterschiedliche Zukunftschancen und damit leben sie von Anfang an in verschiedenen Welten.

Achtung – Demokratie-Lücke

Neben sozioökonomischen Unterschieden, die die jungen Menschen von Anfang an durchs Leben begleiten, gibt es auch demokratische Problemlagen, die Junge besonders treffen. Zwar wird die Funktionalität des politischen Systems von jungen Menschen in Österreich zu großen Teil sehr gut oder ziemlich gut bewertet, allerdings zeigt sich auch ein wachsender Anteil, die das System weniger oder gar nicht gut bewerten.

Studien zeigen, dass es einen Zusammenhang zwischen sozialer Ungleichheit und demokratischer Teilhabe gibt. Die Beteiligung an demokratischen Prozessen leidet unter einer massiven sozialen Schieflage. So nahmen beispielsweise bei den Nationalratswahlen 2019 jene mit höheren sozioökonomischen Ressourcen wesentlich stärker an der Wahl teil, als schlechter gestellte. Im sozioökonomisch privilegiertesten Drittel sind 83 Prozent der Wahlberechtigten zur Wahl gegangen, während es im untersten Drittel nur 59 Prozent waren. Diese Tendenz ist auch bei jungen Menschen ablesbar, junge Menschen, deren finanzielle Situation schlechter ist, schätzen die Funktionsfähigkeit der Demokratie auch schlechter ein, als junge Menschen die gut mit ihrem Einkommen auskommen. 

Der sozioökonomische Status wirkt sich also auf die demokratische Teilhabe aus, das Gefühl nicht dazuzugehören kann zu Apathie und Frust führen. So entsteht der Eindruck, man könne die eigene Zukunft nicht mitgestalten. 

Hier geboren und trotzdem kein Wahlrecht

Neben dem Problem der sozioökomischen Ungleichheit kommt noch eine weitere Dimension des Ausschlusses dazu. So besitzen beispielsweise in Wien 30 Prozent der Wohnbevölkerung im Jahr 2020 aufgrund einer ausländischen Staatsangehörigkeit keine Möglichkeit an Wahlen teilzunehmen. Besonders häufig betroffen sind Wiener:innen im Alter zwischen 27 und 44 Jahren: Von jedem einzelnen Jahrgang dieser Altersgruppe besitzen mehr als 40 Prozent aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit kein Wahlrecht auf der Bundes-, Landes- und Gemeindeebene. 

In Österreich leitet sich die Staatsbürgerschaft von den Eltern ab. Notwendig für die Einbürgerung ist ein zehnjähriger, legaler Aufenthalt in Österreich und neben anderen Kriterien auch der Nachweis eines regelmäßigen Einkommens. Das Gesetz verlangt feste und regelmäßige Einkünfte in Höhe des Ausgleichszulagen-Richtsatzes (2023: EUR 1.110,26 für Einzelpersonen). Dieser Betrag muss nach Abzug von Wohnkosten und sonstigen regelmäßigen Aufwendungen, wie Kreditrückzahlungen monatlich netto zur Verfügung stehen. Viele in Österreich lebende Personen können diese Auflagen nicht erfüllen. Besonders dramatisch ist die Situation für junge Menschen, die in Österreich geboren sind, hier leben und trotzdem kein Wahlrecht besitzen. Sie sind hier zur Schule gegangen, haben ihre Freund:innen hier, arbeiten und zahlen Steuern, sie leben in Österreich und dürfen trotzdem nicht an Wahlen teilnehmen. Sie fühlen sich nicht nur ausgeschlossen, sondern sie sind es auch. Aufgrund der fehlenden Staatsbürgerschaft bleiben sie vom demokratischen Prozess ausgeschlossen. 

Pandemie und ihre Folgen

Jung sein bedeutet heute, eine Pandemie hinter sich zu haben. Die Corona Pandemie hat junge 
Lebenswelten in den letzten drei Jahren massiv beeinflusst. Jugendliche und junge Erwachsene sind von den Auswirkungen der Pandemie besonders betroffen. Mit den Lockdowns wurden sie aus ihrer gewohnten Tagesstruktur gerissen. Homeschooling, stark eingeengte soziale Kontakte und eingeschränkte Freizeitaktivitäten führten zum Verlust jugendlicher Autonomie. Dies endet schließlich in Einsamkeit, psychischen Belastungen wie depressiven Verstimmungen, Schlaflosigkeit und Niedergeschlagenheit. Auch hier zeigt sich, dass die Jungen mit schlechterer Ressourcenausstattung, wie geringerem Einkommen, kein großer Wohnraum mit Garten und Terrasse und für alle zur Verfügung stehende Laptops oder Handys deutlich stärker unter psychischen Belastungen leiden. Leider zeigt sich insgesamt, dass zeitverzögert, ein großer Anteil der Jungen an den Folgen der Pandemie leidet.

„Bereits 2020 berichteten rund 60 Prozent von einer Verschlechterung ihrer psychischen Gesundheit, ein Jahr später sind es ebenso viele. Im Gegensatz dazu reagierten die jungen Menschen ohne finanzielle Schwierigkeiten häufiger verzögert: Während 2020 30 Prozent eine Verschlechterung ihrer psychischen Gesundheit berichteten, sind es im Jahr 2021 mit 42 Prozent deutlich mehr. Diese Zahlen sind alarmierend. Die Belastungen müssen ernst genommen werden und es müssen dringen Maßnahmen gesetzt werden, um den Druck, der auf jungen Menschen lastet, zu minimieren.

Teuerung und soziale Sicherheit

Aber nicht nur Corona bildet einen gewichtigen Zukunfts- und bestimmenden Gegenwartshorizont für junge Menschen. Auch die galoppierende Teuerung und damit Hand in Hand gehende, steigende Lebenserhaltungskosten treffen junge Menschen ganz besonders hart. Jene mit geringen Einkommen sind stärker betroffen. Die explodierenden Wohnkosten und die steigenden Energiekosten bedrohen Existenzen. Junge Menschen mit geringen Ersparnissen können sich bei steigenden Mieten und Energiekosten das Leben kaum noch leisten. Diejenigen, die noch daheim wohnen, können von den eigenen vier Wänden häufig nur noch träumen, da die horrenden Mieten schlicht nicht leistbar sind. Für junge Menschen braucht es hier unbedingt Entlastungspakete!

Klimakrise

Junge Menschen denken an die Zukunft, sie wollen Verantwortung übernehmen und tun es auch. Der Demokratiemonitor zeigt die drängendsten Anliegen der jungen Menschen zwischen 16 und 26 Jahren. Junge Menschen beschäftigten die Auswirkungen der Klimakrise, sie wissen, dass es ein wichtiges Zukunftsthema ist und massiv auch ihre eigene Zukunft betrifft. Dazu auch ausführlich zu lesen hier.

Ohne die Einbindung der Jungen geht es nicht

Junge Lebenswelten bewegen die Themen Demokratie und Mitbestimmung, soziale und ökonomische Sicherheit, Pandemie und Klimaschutz. Viele junge Menschen haben das Gefühl, das ihre Anliegen zu wenig gehört werden und sie zu wenig Mitsprachemöglichkeiten haben. Die Jugendstudie „Generation Corona …!?“ zeigt, dass 74 Prozent der 16- bis 25-Jährigen sich von der Politik nicht gehört fühlen, unter den Lehrlingen fühlen sich 79 Prozent von der Politik ignoriert. Die Entfremdung zwischen Menschen und ihren politischen Institutionen beschränkt sich nicht auf Junge. Jedoch empfinden junge Personen eine größere Distanz, sind in demokratischen Prozessen oft unterrepräsentiert und das wiederum prägt sie nachhaltig in ihrer Persönlichkeitsentwicklung. Vor diesem Hintergrund nimmt das Vertrauen von jungen Menschen in die Demokratie und politische und staatliche Institutionen kontinuierlich ab. Junge Menschen verlieren das Vertrauen, weil Zukunftsfragen nicht ausreichend und nicht mit ihnen gemeinsam verhandelt werden. Hier müssen alle mithelfen, um zur Verbesserung der Situation beizutragen. 

Um uns den Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte gemeinsam zu stellen, sind dringend bessere Teilhabestrategien notwendig. Junge Menschen haben sich die Unterstützung von der Politik und Gesellschaft und echte Mitgestaltungsmöglichkeiten verdient. Das fängt bei den besten Bildungs- und Ausbildungschancen an und führt zu umfassenden demokratischen Mitgestaltungs- und Beteiligungsmöglichkeiten. Teilhabe von jungen Menschen muss verstärkt ermöglicht werden, Demokratie muss für sie erlebbar und spürbar gemacht werden. Denn es ist ihre Zukunft, die hier zur Diskussion steht und sie sind es, die ihre eigene Zukunft gestalten sollen! 

Zum Nachlesen: 
Demokratiemonitor Ergebnisse 2022  Link

Integrationsmonitor Wien Integrationsmonitor 2020 
 Link

Studie „Generation Corona!? Studie Generation Corona Ergebnispräsentation 2021 Link