Leben

Wie „Fast Fashion“ Menschen und Umwelt schadet

Die Textilindustrie ist schnelllebig und ökologisch in Wahrheit untragbar. Das zeigte sich auch in den wichtigsten Ergebnissen der repräsentativen Online-Umfrage: Es wird sehr viel Kleidung gekauft, sehr kurz genutzt und ein großer Teil im Restmüll entsorgt. Die Hälfte der Kleidung wird gelegentlich bis gar nicht getragen. Online-Shopping und damit einhergehend Retouren sind besonders bei jungen Menschen beliebt. Diese kaufen wiederum im Vergleich zum Schnitt öfter Second-Hand. Die große Mehrheit ist der Meinung, dass Menschen zu viel Kleidung kaufen und die Umwelt durch Kleiderüberproduktion massiv belastet werde. 

Textilstrategie der Kommission ist 
ein erster Schritt

Fakt ist, wir müssen Kleidung länger nutzen und den massiven Überkonsum reduzieren. Aber es liegt nicht nur in der Verantwortung von Konsument:innen, im Vorfeld braucht es gesetzliche Rahmenbedingungen und ein entsprechendes Angebot. Mit der im März 2022 veröffentlichen Textilstrategie der EU-Kommission wird ein erster Schritt in Richtung einer nachhaltigeren Bekleidungsindustrie gemacht. Ziel ist es, Textilien langlebig, reparier- und recyclingfähig zu gestalten. Die Produktion muss sozial und umweltverträglich sein und Konsument:innen sollen hochwertige Kleidung zu erschwinglichen Preisen erhalten. Überschüssige Ware soll vermieden, und darf jedenfalls nicht – wie aktuell oft üblich – vernichtet werden. Noch ist unklar, wie streng die Strategie wirklich umgesetzt werden wird. 

In der neu aufgesetzten und gerade in Verhandlung befindlichen Ökodesign-Verordnung sollen Textilien prioritär reguliert werden. Der Entwurf beinhaltet einige gute Vorschläge z.B. werden Haltbarkeit und Reparierfähigkeit endlich aufgewertet. Es fehlen jedoch noch mehr verpflichtende Maßnahmen. Auch die Kontrollen müssen strenger reguliert werden. 

Ein weiterer wichtiger Baustein der Textilstrategie ist das Lieferkettengesetz, bei dem Hersteller:innen und Händler:innen ihre gesamte Wertschöpfungskette offenlegen müssen und in weiterer Folge für Menschenrechtsverletzungen, Gesundheitsschäden und negative Umweltfolgen haften müssen. Der aktuelle Entwurf der EU-Kommission muss dafür jedoch noch nachgebessert werden, auch mittelgroße Unternehmen erfassen und um stärkere Vorgaben für Klimaschutz ergänzt werden. 

Vernichtungsverbot als wichtiges Signal

Immer mehr Kollektionen bedeutet auch, dass die Händler:innen auf immer mehr Kleidung sitzen bleiben. Recherchen von NGOs und Medien zeigen, dass ein erheblicher Anteil davon ungetragen entsorgt wird. In der neuen Ökodesign Verordnung ist erstmals ein Vorstoß hinsichtlich eines Vernichtungsverbots neuwertiger Waren enthalten. Ein Vernichtungsverbot wäre ein wichtiger Schritt. Jedoch sollen Unternehmen laut Kommission vorerst nur verpflichtet werden, offenzulegen wie viele Textilien nicht verkauft wurden und was damit passiert. Das ist zu wenig: Wichtig wäre ein sofortiges Vernichtungsverbot, verknüpft an die Maßnahme, dass überschüssige, neuwertige Produkte an befugte Stellen abzugeben sind und Daten dazu transparent veröffentlicht werden. 

Wichtige Schritte auf nationaler Ebene

In der im Dezember 2022 vorgestellten österreichischen Kreislaufwirtschaftsstrategie werden diese EU-Initiativen begrüßt und weitere Maßnahmen vorgeschlagen. Ein Vernichtungsverbot u.a. von Textilien wird gerade auf nationaler Ebene entworfen, Bundesministerin Gewessler folgt einer Forderung des Klimarates. Österreich kann damit eine wichtige Vorreiterrolle für eine EU-weite Umsetzung spielen. Doch in anderen Bereichen bleibt die Kreislaufwirtschaftsstrategie vage und setzt auf Bewusstseinsbildung und Nudging (ein Ansatz, bei dem Konsument:innen unbewusst in ein bestimmtes Verhalten „gestupst“ werden). Wichtig wäre jedoch, dass Konsument:innen leistbare, umweltfreundliche Angebote erhalten und umweltschädliche Produktionsweisen grundsätzlich verboten werden. Der Erfolg des Reparaturbonus für Elektrogeräte zeigt den Bedarf, dieser sollte daher auf andere Produkte ausgeweitet werden. Weiters sind der Auf- und Ausbau von Leih- und Sharingsystemen, die Förderung zivilgesellschaftlicher Initiativen (z.B. Kleidertauschparties) oder die Unterstützung sozialwirtschaftlicher Betriebe, die gerade im Bereich von Re-Use, Re- und Upcycling eine wichtige Rolle spielen, nur einige mögliche Maßnahmen, die es jetzt braucht. 

Reichen die Vorgaben für einen Wandel?

Die EU-Textilstrategie ist eingebettet in den Green Deal, der jedoch weiterhin auf dem Wachstumsprinzip aufbaut. Die Kommission hofft, dass alleine durch stärkere Umwelt- und Sozialstandards ein Systemwandel stattfindet. Ohne strategischen Rahmen für eine ganzheitliche wirtschaftliche Transformation wird der Umstieg jedoch schwierig. In der Textilbranche muss es allem voran eine Entschleunigung der Produktionszyklen geben – das ignoriert die Politik jedoch völlig. Die Bürger:innen sind der Politik voraus, sie befürworten in der aktuellen Befragung von AK und Greenpeace viele gesetzliche Vorgaben für eine langsamere Modewelt: Neun von zehn befürworten ein Lieferkettengesetz und ein Vernichtungsverbot. Zudem fordern sie alternative Konsummuster wie staatliche Förderung von Reparatur und gesetzliche Mindestanforderungen für die Haltbarkeit von Kleidung.