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Nachhaltigkeit

CSR: Verantwortung braucht Regeln

Solange Freiwilligkeit die Basis con CSR ist, kann nicht erwartet werden, dass CSR irgendeinen  Beitrag zur Überwindung der Finanz- und Wirtschaftskrise leistet. Die durch die Liberalisierung und Deregulierung der Arbeitsbeziehungen wachsenden Anteile prekarisierter Arbeit oder die durch den enorm gestiegenen Leistungsdruck gefährdete Gesundheit der ArbeitnehmerInnen oder der durch  Flexibilisierungen aller Art gefährdete soziale Zusammenhalt werden durch CSR kaum beeinflusst. Auch der Umwelt- und Klimaschutz bedarf anderer Instrumente, um die gegenwärtige Stagnation zu überwinden.

In Österreich wird gesellschaftlich verantwortliches Handeln von Unternehmen, das freiwillig über gesetzliche oder normative Grundlagen hinausgeht, vom Verein „respACT  Austria“ gefördert, der von der Wirtschaftskammer, der Industriellenvereinigung und vom Wirtschafts-, Sozial- und Landwirtschaftsministerium unterstützt wird. 

RespACT  hat etwa 260 Unternehmen als Mitglieder. Auf der Homepage des Vereins ist das CSR-Profil dieser Firmen abrufbar. Die Grenze zwischen Freiwilligkeit und Beliebigkeit ist fließend. Dazu einige Beispiele:

ANDRITZ HYDRO GmbH

Das Unternehmen lieferte elektromechanische und hydraulische Ausrüstung für das Wasserkraftwerk Tsankow Kamak in Bulgarien. Für die ökologische Bedeutung des Projekts wird angeführt, dass im Rahmen der Finanzierung CO2-Zertifikate an die österreichische Bundesregierung verkauft und übertragen werden konnten. 

Österreich kann sich um den Wert dieser Zertifikate von konkreten Maßnahmen zur Reduktion der Treibhausgase in unserem Land freikaufen. Die Andritz Hydro GmbH ist eine Sparte des Grazer Andritz Konzerns, der beim Ilisu Staudamm in der Türkei und dem Belo Monte Staudammprojekt in Brasilien alles andere denn CSR-konform agiert.

ASFINAG

„Intelligente Straßen für mehr Sicherheit“ fallen unter die CSR-Aktivitäten. Oder auch ökologische Ausgleichsmaßnahmen beim Neubau der S1 wie zum Beispiel Wildschutzzäune und Amphibientunnel.

Die ASFINAG vergisst nur hinzuzufügen, dass diese Maßnahmen Bestandteil der Ausschreibungen sind. 

BONUS Pensionskassen AG 

Dieses Unternehmen verweist auf die betriebliche Gesundheitsförderung und die Sanierung des Bürogebäudes (Wärmedämmung).

Die Pensionskassen werden völlig kontraproduktiv für das Sozialversicherungssystem steuerlich bevorzugt. Dafür haben die PensionsbezieherInnen bzw. -anwärterInnen auch 2011 auf Grund verfallender Aktienkurse bei den Veranlagungen Verluste hinnehmen müssen. 

Danone GmbH

Die Mission von Danone ist, Gesundheit durch Ernährung möglichst vielen Menschen nahe zu bringen. In der Zusammensetzung der Produkte die Erkenntnisse der modernen Ernährungswissenschaft zu berücksichtigen, ethische Leitlinien der Kommunikation im Hinblick auf Kinder.

Danone wurde in Österreich und Deutschland mit Klagen von Verbraucherorganisationen wegen irreführender Werbung belangt. Foodwatch verlieh 2009 der Firma den „Goldenen Windbeutel“ für die dreisteste Werbelüge des Jahres. 

Generali Versicherungs AG

Die Versicherung führt an, dass sie Patin von SOS Kinderdörfern und Partnerin der österreichischen Bergrettung ist. Die Generali Foundation ist ein gemeinnütziger Kunstverein. 

Keine Aktivität hat mit dem Kerngeschäft zu tun, geht es doch hier ausschließlich um Imagebildung.

Donau Chemie AG

Das Unternehmen führt Produktlinien zur Trinkwasseraufbereitung oder auch hochwertige Naturkosmetik als ökologische Aktivitäten an. Energieeffizienz ist ein Thema. Hohe Sicherheitsstandards sind über dem Durchschnitt und den gesetzlichen Erfordernissen.

Primär handelt es sich um ganz normale Marktaktivitäten in Sektoren mit wachsender Nachfrage. Hohe Sicherheitsstandards in einem großen Chemieunternehmen sind löblich und machen sich ohnedies bezahlt.

Novomatic AG

Novomatic unterstützt den verantwortungsvollen Umgang mit dem Spiel, fördert Kulturinitiativen und den Sport.

Der Wolf im Schafspelz mit viel Marketing. Auch im Parlamentsausschuss, der heuer die großen Korruptionsfälle der letzten Jahre untersucht, hat Novomatic keine gute Figur gemacht (für die Akteure gilt die Unschuldsvermutung).

OMV AG 

Das Unternehmen verweist auf Community Development Projekte in Pakistan, das jährlich stattfindende Stakeholder Forum und den OMV Future Energy Fund, mit Projekten zu erneuerbarer Energie, Energieeffizienz sowie Reduktion der Treibhausgasemission bei der Gewinnung fossiler Energie.

Der Future Energy Fund hat eine Doppelfunktion: Einerseits ist er eine Reaktion auf den öffentlichen Druck auf die Ölfirmen, andererseits dient er zur Vorbereitung auf ein international wachsendes Geschäftsfeld. Wie andere Firmen aus der Branche hängt sich auch die OMV gerne ein grünes Mäntelchen um. Auf dem Stakeholder Forum stellt die OMV ihre Nachhaltigkeitsberichte vor. Auf die Forderungen eines Vertreters des Netzwerks Soziale Verantwortung (NeSoVe) nach externer Evaluierung meinte der Vorstandvorsitzende, er sehe darin keinen Mehrwert für die OMV. 

Telekom Austria Group

Die Telekom Austria beschäftigt sich mit dem verantwortungsvollen und kompetenten Umgang mit digitalen Medien, insbesondere bei Kindern.

Betriebsräte berichten über den gesundheitsgefährdenden Leistungsdruck bei Telekom. Die Rolle der Telekom Austria bei der Parteifinanzierung des BZÖ war beim erwähnten Parlamentsausschuss ebenfalls Thema. 

Wiener Börse AG

Die Wiener Börse vergibt den Corporate Governance Preis und bietet im Kerngeschäft nachhaltige Investmentmöglichkeiten an.

Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben die zentrale Institution des österreichischen Kapitalmarkts und damit auch ein Hort des Spekulationswesens. Das nachhaltige Investment ist eine Marktaktivität, übrigens nicht unumstritten, weil schwer überprüfbar.

Das Bild, das die angeführten Beispiele zeigen, ist nicht erstaunlich, wenn man bedenkt, dass es keine oder nur unverbindliche Standards für CSR gibt und keine Benchmarks, die einen Vergleich zulassen würden. Es gibt keine Gewähr, dass Verantwortung ganzheitlich gelebt wird und sich nicht auf bloße Imagebildung beschränkt. Erfasst die CSR-Politik eines Unternehmens doch einmal das Kerngeschäft, so ist der Unterschied zu „normalen“ Marktaktivitäten in der Regel nicht nachweisbar. Eine unabhängige Evaluierung der Angaben der Unternehmen ist nicht vorgesehen.

CSR-Kritiker wie das Netzwerk Soziale Verantwortung (NeSoVe) oder die Arbeiterkammer verlangen daher nachdrücklich, dass CSR nur dann zu einer bestimmten Glaubwürdigkeit verholfen werden kann, wenn ein entsprechender regulativer Rahmen und verbindliche Regeln geschaffen werden. Ob der von der  Bundesregierung im Rahmen der österreichischen Nachhaltigkeitsstrategie vorgesehene nationale CSR-Aktionsplan diese Innovation bringen wird, kann bezweifelt werden. Zwar sind Wirtschafts-, Umwelt- und Sozialministerium am werken, die Art und Weise des Dialogs mit der Zivilgesellschaft erinnert allerdings frappant an die von manchen Unternehmen organisierten Stakeholderveranstaltungen: Beliebigkeit in der Diskussion, alles wird protokolliert, aber die beteiligten NGOs  haben keinerlei exekutierbaren Einfluss auf die Entscheidungen.

CSR bleibt so oder so eingebettet in die derzeit neoliberal geprägte Ökonomie. Das Ausmaß von CSR-Aktivitäten ist abhängig vom erwarteten Erfolg als Wettbewerbsvorteil. Ein sehr eingeschränktes Konzept für die soziale und ökologische Orientierung in der Auseinandersetzung mit einem oft schrankenlosen Profitstreben. Die Schranken muss die Politik setzen.