Wirtschaft & Umwelt - Zeitschrift für Umweltpolitik und Nachhaltigkeit

Kontroverse: Entlasten Green Jobs den Arbeitsmarkt nachhaltig?

Pro: Eine Arbeitswelt der Zukunft ist ohne Bezug zur Umwelt und den endlichen Ressourcen nicht denkbar.

Green Jobs finden sich bei einer heterogenen Gruppe von Produzenten von Umweltgütern, -technologien und -dienstleistungen, die sich über eine Vielzahl von Wirtschaftsbereichen erstreckt. Auf EU-Ebene wurde eine einheitliche Definition erarbeitet, die eine transparente Aufschlüsselung der Arbeitsbereiche dieser Personen ermöglicht. Österreich liegt, was die Erhebung und die Anzahl dieser zurechenbaren Jobs betrifft, im EU-Spitzenfeld. Ein Blick auf die Zahlen der Statistik Austria zeigt allein zwischen 2008 und 2010 einen Anstieg von rund 16.000 Personen. In Österreich gehen 210.000 Beschäftigte einem Green Job nach und setzen rund 34 Milliarden Euro um. Jeder zehnte erwirtschaftete Euro kommt bereits aus dem Umweltbereich. 

Ob Green Jobs den Arbeitsmarkt nachhaltig entlasten können, ist dabei nur eine von vielen Fragen, denn bei umweltrelevanter Beschäftigung ist der originäre Zweck der Tätigkeit zu sehen: Diese Jobs sollen eine notwendige Entlastung der Umwelt und unseres Klimas erreichen.

Neueste Studien zeigen, dass der Klimawandel und damit einhergehende Klimakatastrophen von etwa der Hälfte der Jugendlichen mit Angst und Sorge wahrgenommen werden und viele junge Menschen den Ereignissen hilflos und wütend gegenüber stehen. Mit der starken Angst vor Naturkatastrophen gehen die Befürchtungen über die Unbewohnbarkeit von ganzen Regionen bis hin zu Weltuntergangsszenarien einher. Erhebungen zeigen ebenso, dass das Interesse bzw. die Nachfrage nach Green Jobs bei Jugendlichen überdurchschnittlich groß ist. Daher ist eine frühzeitige Weichenstellung in Richtung einer ökologischen, energie- und rohstoffeffizienten Wirtschaft von großer, weil zukunftsbestimmender Bedeutung.

Die notwendige Weichenstellung beantwortet zugleich die Frage nach der Entlastung des Arbeitsmarktes. Alle Bestrebungen der Gegenwart und Vergangenheit zur Forcierung von Green Jobs tragen eine deutliche Handschrift: Wir müssen auf bestmögliche Qualifizierung setzen, die Begeisterung für Technik und Naturwissenschaften wecken und bereit sein, unser Wirtschaftssystem in Richtung eines höheren Umweltbewusstseins umzustellen. All das sind Ansätze zur Entlastung des Arbeitsmarktes, der eine immer größer werdende Nachfrage nach Green Jobs aufweist. 

Diese Entwicklung, der grüne Wandel, macht auch eines deutlich: Wir müssen uns von den teilweise antiquierten Vorstellungen unserer Jobs verabschieden. Längst leisten Architekten bei der Planung von Passivhäusern, HTL-Absolventen bei der Konzeption alternativer Antriebe oder Lehrlinge im Solar- und Windkraftbereich als Elektrotechniker oder Maschinenschlosser einen Beitrag zum Umweltschutz. Umweltgüter, -technologien und -dienstleistungen müssen aber ebenso vertrieben, verkauft und kommuniziert werden, denn selbst die Umweltwirtschaft unterliegt einer Marktlogik. Der wesentliche Unterschied dazu und die Zukunft unseres Wirtschaftens sind: Nachgefragt werden letztlich nicht Umweltprodukte und -services, sondern saubere Luft, klare Gewässer, fruchtbare Böden und die Erhaltung einer lebenswerten Umwelt für nachkommende Generationen. Ein Ökoschmäh? Nein: Das Prinzip Verantwortung.

Con: Das angebliche Jobwunder Green Jobs löst sich bei genauem Hinsehen in Luft auf.

In Österreich gibt es mit Stand 2010 rund 210.000 Green Jobs. Dies mag auf den ersten Blick für ein Jobwunder sprechen. Um aber wirklich beurteilen zu können, ob dies den Arbeitsmarkt insgesamt entlastet, muss bestimmt werden, wie viele Jobs aufgrund der Entstehung solcher Jobs wegfallen. Werden etwa nur mehr umweltfreundliche Geräte gekauft, so schafft dies Arbeitsplätze in der Herstellung ökologischer Produkte, gleichzeitig fallen Arbeitsplätze in der Herstellung weniger umweltfreundlicher Güter weg. Die Differenz zwischen neu geschaffenen und aufgrund dessen verschwindenden Jobs nennt man Nettobeschäftigungseffekt. Nur dieser sagt etwas über eine allfällige Be- oder Entlastung des Arbeitsmarkts aus. 

Wie sieht nun der Nettobeschäftigungseffekt bei Green Jobs aus? Den größten Anteil stellt die Land- und Forstwirtschaft mit 40.615 Green Jobbern. Dabei  handelt es sich primär um Biobauern und deren Angestellte. Wechselt ein Bauer von konventioneller zu biologischer Produktion, so erhöht dies die Anzahl der Green Jobs, es wird aber kein einziger neuer Arbeitsplatz geschaffen. 

An zweiter Stelle steht die Bauwirtschaft mit 30.155 Green Jobs, primär aufgrund der thermischen Sanierung. Hier können zwar wirklich neue Jobs entstehen, allerdings ist darauf zu achten, dass die dafür bereitgestellten Mittel nicht über eine Kürzung des Wohnungsneubaus finanziert werden. Da der Wohnungsneubau und die thermische Sanierung auch ähnlich beschäftigungsintensiv sein dürften, wären in diesem Fall die Nettobeschäftigungseffekte nahe Null. Der drittgrößte Green-Jobs-Bereich ist die Abwasserentsorgung und Abfallbehandlung. Da die kommunale Abfallwirtschaft in den offiziellen Statistiken dem öffentlichen Dienst zugerechnet wird, kann deren exakte Größe nur geschätzt werden. Dabei taxieren die meisten Schätzungen die Beschäftigungsintensität der Abwasserentsorgung etwa zwischen 24.000 bis 27.000 Arbeitsplätzen. Da diese Jobs nicht neu sind, können Sie den Arbeitsmarkt nicht entlasten und der Nettobeschäftigungseffekt liegt ebenso bei Null.

Auch 21.300 Angestellte im Handel werden zu den Green Jobs gerechnet, etwa weil sie Bio-Produkte verkaufen. Auch hier sind die Arbeitsplatzeffekte gleich Null, da es für die Anzahl der Beschäftigten keinen Unterschied macht, ob diese biologische oder konventionelle Ware verkaufen.

Weniger bedeutend ist der Energiesektor, der mit 11.601 Green Jobs nur knapp sechs Prozent aller Green Jobs beisteuert. Um dessen Nettobeschäftigungseffekt zu quantifizieren, müssten aber noch die gleichzeitig in der fossilen Energieerzeugung wegfallenden Arbeitsplätze abgezogen werden. Hier dürfte der Nettobeschäftigungseffekt aber tatsächlich positiv sein.

Die rund 210.000 Green Jobs kommen also großteils aufgrund statistischer Verschiebungen zustande und sind keine neuen Jobs. Green Jobs können daher auch keinen oder nur einen sehr geringen Beitrag zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit leisten.