Schwerpunkt
Biodiversität
Biodiversität – das Netz des Lebens erhalten
Vor welchen dringlichsten Herausforderungen stehen wir bei der Biodiversität?
Biodiversität ist ein etwas technischer Begriff für intakte Natur. Wir beobachten einen sehr klar belegbaren, rasanten Verlust von Arten und Lebensräumen. Damit zerreißen wir das Netz des Lebens und die Ökosysteme werden instabil. In nur 20 Jahren sind 40 Prozent aller Brutvögel in Österreichs Landschaften verschwunden. Zum Teil fehlt ihnen die Nahrung wegen des Rückgangs an Insekten. Wenn nur mehr wenige Arten in einem Ökosystem vorkommen und Nützlinge fehlen oder diese keine Rückzugsräume haben, können sich robuste Arten durchsetzen – das sind dann häufig die Schädlinge auf Äckern oder in Wäldern.
Inwiefern stellt die Biodiversitätskrise eine Bedrohung für den Menschen dar?
Dass einzelne Arten verschwinden und andere auftauchen, ist nicht neu. Was aber früher ein seltenes Ereignis war, ist heute ein tagtägliches. Da ökologische Funktionen verloren gehen, kommt es vermehrt zu Überschwemmungen, weil die Auen durch Kraftwerke und Dämme beeinträchtigt sind. Oder Lawinen und Muren gehen ab, weil Schutzwälder nicht mehr intakt sind. Mit dem Verschwinden vieler Bestäuber, ist die Bestäubung unserer Nutzpflanzen und Wildpflanzen nicht mehr gesichert. Das sind langsame Prozesse, die aber in Summe wie viele kleine Wassertropfen zu einer großen Welle anwachsen, ein hohes destruktives Potenzial haben und gravierende gesellschaftliche Probleme verursachen.
Wie hängen Biodiversitätskrise und Klimakrise zusammen?
Beide Krisen haben dieselbe Ursache – sie sind die Folge eines zu großen Ressourcenverbrauchs. Wir leben sozusagen auf ökologischem Kredit, und jeder weiß, auf Kredit lässt sich nicht unbegrenzt leben. Treibhausgase sind der Abfall, der am Ende des Kreislaufs entsteht und unsere Mülldeponie ist hier die globale Atmosphäre. Diese Treibhausgase sind unsichtbar, geruchlos und auch nicht giftig, aber sie verändern die Zusammensetzung der Atmosphäre – das führt zum Klimawandel. Etwa ein Viertel der Treibhausgase entsteht dabei nicht durch die Verbrennung fossiler Energie, sondern direkt aus der Zerstörung der Natur. Wenn Waldflächen gerodet oder wenn Landwirtschaft intensiv betrieben werden, so entstehen Methan oder Lachgas, die wiederum zum Klimawandel beitragen. Wer Arten und Lebensräume schützt, schützt auch das Klima.
Was wären die drei wichtigsten Schritte, um den Artenschwund in Österreich zu stoppen?
Es mangelt weder in der Klimapolitik noch in der Biodiversitätspolitik an politisch verbindlichen Beschlüssen. Es gibt seit Herbst 2022 globale Biodiversitätsziele bis 2050 zu denen sich auch Österreich im Rahmen der Biodiversitätsstrategie bekennt. Entscheidend ist jetzt, das umzusetzen, wozu wir uns verpflichtet haben. Dafür sind die Rahmenbedingungen zu schaffen, um diese Ziele zu erreichen. Dazu gehört auch eine ausreichende Finanzierung. Das Geld dafür ist da. Eine Studie des WIFO hat jüngst gezeigt: es werden noch immer 5,7 Mrd. Euro, für umweltschädigende Subventionen ausgegeben – jährlich!