Schwerpunkt

Energiekrise

Potenziale zur Verringerung der Gas-Abhängigkeit

Warum ist Erdgas für Österreich so wichtig?

Erdgas spielt mit 22 Prozent nach Öl die zweitgrößte Rolle beim Bruttoinlandsverbrauch. Insgesamt werden mehr als 8 Milliarden m³ Erdgas in Österreich eingesetzt, der Großteil davon von Industrie und Kraftwerken. Erdgas ist aber auch die zweithäufigste Heizform in Österreich, mehr als 900.000 Wohnungen werden hauptsächlich mit Gas beheizt. Die meisten Gasheizungen gibt es in Wien, rund die Hälfte aller Wohnungen werden damit versorgt.

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2021 hat Österreich Gas im Wert von 4,2 Milliarden Euro importiert. Wer importiert das Gas und wer trifft Entscheidungen über ausreichende Speicher?

Der Gasmarkt ist in Österreich liberalisiert. Private Unternehmen wie etwa Energieversorgungsunternehmen, Industrie oder Betreiber von Speichern handeln an den Gasbörsen oder haben entsprechende Verträge mit Anbietern. Für eine größere Unabhängigkeit von russischem Erdgas müssen die Speicher bestmöglich gefüllt werden. Die Befüllung der Gasspeicher und die Diversifikation der Gasimporte erzeugt einen zusätzlichen Preisdruck am Markt. Das Energieministerium arbeitet derzeit an einem Bevorratungsgesetz für Gas, aber auch ein koordiniertes europäisches Vorgehen ist sinnvoll. 

Welche Alternativen gibt es zu Gas aus Russland und wie schnell können diese genutzt werden?

Bei Erdgas ist Österreich stark von Importen abhängig. In den 1970ern konnte man noch die Hälfte des Bedarfs selbst decken, aktuell sind es nur mehr um die 10 Prozent. Kurzfristig und in bedeutenden Mengen kann das Gas aus Russland nur durch verflüssigtes Erdgas (LNG) vor allem aus den USA, Katar oder Australien ersetzt werden. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich der Import von LNG in die EU im Jänner 2022 bereits verdoppelt. Eine Vollversorgung Europas mit europäischem Erdgas und LNG ist auf Grund fehlender Infrastrukturen noch nicht vorstellbar. Mittelfristig soll entsprechend den europäischen und nationalen Klimazielen die Unabhängigkeit von fossilem Erdgas erreicht werden. Dazu müssen Erneuerbare und auch die Netze massiv ausgebaut und gleichzeitig die Energieeffizienz gesteigert werden. 

Können wir Erdgas vollständig durch Grüne Gase ersetzen? Ist Biomethan die richtige Alternative?

Die Österreichische Energieagentur hat in Kooperation mit den Universitäten Linz und Leoben im Auftrag des Klimaministeriums die Studie „Erneuerbares Gas in Österreich 2040 – Quantitative Abschätzung von Nachfrage und Angebot“ erstellt. Darin werden die Nachfrage nach Gas aus Industrie, Güter-, Flug- und öffentlichem Verkehr, Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen und Heizwerken sowie das Angebot an erneuerbarem Gas betrachtet. Die Gesamtnachfrage in diesen Sektoren liegt im Jahr 2040 dabei zwischen 89 und 138 Terawattstunden (TWh ). Das realisierbare Potenzial an erneuerbarem Gas aus biogenen Reststoffen wird dann jedoch nur bei 20 TWh liegen, daraus ergibt sich eine Gasbedarfslücke von mindestens 69 TWh. Die Deckung der Nachfrage nach erneuerbarem, biogenen Gas ausschließlich durch das inländische Angebot wird daher auch 2040 nicht möglich sein.