Schwerpunkt

Grüner Deal

Schlüsselfrage Gestaltung eines gerechten Wandels

Was ist Ihre vorläufige Schlussfolgerung, welche Potenziale der EGD für die Gestaltung eines sozial gerechten Wandels bietet?

Im EGD wird anerkannt, dass die notwendige Transformation, um die europäischen Wirtschaften ökologisch nachhaltiger zu gestalten, große soziale Konsequenzen haben wird. Es gibt ein Commitment, die Risiken und Chancen des grünen Strukturwandels zwischen Regionen und sozialen Gruppen fair zu verteilen. Auf diskursiver Ebene stellt der EGD also einen geeigneten Rahmen dar, um einen gerechten Übergang zu fördern. Die Schlüsselfrage ist, wie dieses Prinzip von europäischen und nationalen Instanzen konkret umgesetzt wird.

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Der EGD wird als integraler Bestandteil der EU Strategie zur Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) betrachtet. Beobachten Sie bereits eine Stärkung von sozialen und Umweltzielen, nicht zuletzt im Bereich der wirtschaftspolitischen Steuerung?

Im 2020er Zyklus der wirtschaftspolitischen Steuerung auf EU-Ebene gab es den Versuch, die Wechselwirkungen zwischen wirtschaftlichen, sozialen und Umweltzielen zu berücksichtigen und Synergien bzw. Trade-offs zu ermitteln. Dabei wurden der Begriff „wettbewerbsfähige Nachhaltigkeit“ entwickelt und die UN-Nachhaltigkeitsziele in den Prozess integriert. Das war ein erster Vorstoß, die Logik nachhaltiger Entwicklung in die sozio-ökonomische Governance der EU einzuführen, der in Zukunft verbessert werden muss. 

Was könnten die Auswirkungen der aktuellen sozialen und wirtschaftlichen Krise in diesem Zusammenhang sein? 

Als Antwort auf die 
COVID-19-Krise bemüht sich die EU darum, die Umsetzung des EGD zu beschleunigen. Die Mitgliedstaaten müssen den größten Teil der Mittel aus der Aufbau- und Resilienzfazilität für Investitionen in den grünen und digitalen Wandel verwenden. Aktive Arbeitsmarktpolitik, Aus- und Weiterbildung sowie Umschulung sollen die Vermittelbarkeit der Beschäftigten verbessern. Diese Maßnahmen sind notwendig, reichen allein aber für einen gerechten Übergang nicht aus: Erforderlich sind auch gute Beschäftigung, angemessene Löhne und starke soziale Sicherungssysteme.

Denken Sie, dass die Macht von Gewerkschaften und NGOs durch die politischen Prioritäten, die der EGD setzt, schlussendlich gestärkt wird? 

Sozialer Konsens und breite Unterstützung sind grundlegend für den Erfolg des EGD. Sie sind nur zu erreichen, wenn die 
Bürger*innen und Beschäftigten den Wandel als gerecht empfinden. Dabei spielen Gewerkschaften und NGOs eine Schlüsselrolle, politische Entscheidungsträger*innen sollten sie im eigenen Interesse einbinden. Mit der Beteiligung von Gewerkschaften und NGOs am Sozialgipfel in Porto wurde ihre Bedeutung auch anerkannt. Dennoch werden Konflikte aufgrund unterschiedlicher Interessen den Wandel prägen. 
Im Kontext der COVID-19-Krise besteht die Gefahr, dass manche nationalen Regierungen den sozialen und zivilgesellschaftlichen Dialog umgehen.