Editorial: Leere Versprechen
Dass neue gentechnische Verfahren für die medizinische Forschung gerade in Pandemiezeiten wichtig sind, wird von den meisten nicht in Frage gestellt. Was aber die Versprechen betrifft, die damit in Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion verbunden werden, ist höchste Vorsicht geboten. Nicht umsonst ist Gentechnik und der Umgang mit genetisch veränderten Organismen in allen Anwendungsbereichen in der Europäischen Union streng reguliert. Ohne Risikoabschätzung, Zulassung und Kennzeichnung darf nichts auf unsere Teller kommen oder in Produktion gehen. Bisher jedenfalls. Damit haben Konsument*innen und die Biolandwirtschaft die Möglichkeit, gentechnikfrei einzukaufen und zu produzieren. Das könnte bald anders werden, denn die globalen Saatgut- und Agrarchemieriesen forcieren ein Ende der strengen Regeln für diese neuen Verfahren, die sie am liebsten nicht Neue Gentechnik, sondern verharmlosend neue oder innovative Züchtungsverfahren nennen. Weil sie mehr mit traditioneller Pflanzen- und Tierzüchtung zu tun hätten als mit Gentechnik. Beweisen können sie das nicht, denn sie geben ihr Geld nicht für Risikoforschung aus, sondern für Produktvermarktung und Megafusionen. Statt leeren Versprechen in Richtung Welthunger oder Klimaanpassung zu vertrauen, gebietet das Vorsorgeprinzip, strenge Regeln beizubehalten und die industrielle Agrarproduktion von Grund auf zu verändern.