Wissenschaft: Öffentliche Aufträge: Sozial und Ökologisch
Um die Klimaerhitzung und die Folgen des Klimawandels auf ein bewältigbares Ausmaß zu beschränken, sind schnelle und entschiedene Schritte hin zu einer klimaneutralen Wirtschafts- und Lebensweise notwendig. Österreich ist bei der Erreichung der Klimaziele besonders weit hinten: In keinem anderen Land der EU klaffen Zielsetzungen und tatsächliche Emissionen so drastisch auseinander. Im Pariser Klimaabkommen hat sich Österreich vertraglich verpflichtet, seine Treibhausgasemissionen auf ein klimaneutrales Niveau zu senken. Zur Erreichung des +1,5°C-Ziels verbleiben für Österreich, bei weltweiter Pro-Kopf-Aufteilung, noch Restemissionen, die beim derzeitigen Emissionsniveau Mitte 2025 aufgebraucht sein werden.
Daher müssen wir jetzt an allen Hebeln ansetzen, um die Klimaziele noch zu erreichen. Dabei ist auch der Staat ein mächtiger Akteur, nicht nur was die Gestaltung der rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen betrifft. Der Staat führt nämlich auch eine Reihe von wirtschaftlichen Tätigkeiten aus, nicht nur in der öffentlichen Verwaltung, sondern auch in der Daseinsvorsorge, im Gesundheits- und Bildungsbereich oder in der Sicherheitspolitik. Wann immer der Staat Aufträge vergibt, nennt man das öffentliche Beschaffung. Diese staatliche Aktivität macht etwa 18 Prozent des österreichischen Bruttoinlandsproduktes aus. Und damit hat auch der Staat selbst einen CO2-Fußabdruck.
Studie zeigt: Staatliche Aufträge sind ein wichtiger Hebel
Eine aktuelle, von AK Niederösterreich und AK Wien in Auftrag gegebene WIFO-Studie untersucht den CO2-Fußabdruck der öffentlichen Beschaffung. Das schließt direkte, indirekte oder über Ersatzinvestitionen verursachte CO2-Emissionen ein, die in verschiedene Ebenen unterteilt werden können: nach Branchen, nach Regionen und nach politischen Handlungsebenen.
Im Untersuchungszeitraum von 2015 bis 2020 hat die öffentliche Beschaffung Österreichs jährlich CO2-Emissionen von weltweit 19,4 Mio. Tonnen verursacht. Der größte Teil davon entfällt auf Drittländer, weil die vom Staat zugekauften Waren und Dienstleistungen entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette auch anderswo Emissionen verursachen. Diese Tatsache verdeutlicht auch die globale Verantwortung der österreichischen Klimapolitik. Nach Branchen unterteilt entfallen die größten Ausgaben und auch die meisten Emissionen in den Bereichen Bauwesen und Warenherstellung. Die relevantesten Auftraggeber:innen sind wenig überraschend die drei Gebietskörperschaften Bund, Länder und Gemeinden, sowie die ausgegliederten öffentlichen Unternehmen und die Sozialversicherungen.
Mit dieser Untersuchung wurden zentrale Hebel für die Dekarbonisierung der öffentlichen Beschaffung identifiziert. Um die Klimaziele zu erreichen, muss also auch die öffentliche Beschaffung so schnell wie möglich klimaneutral werden. Dabei gilt es aber auch die soziale Gerechtigkeit zu berücksichtigen, zum Beispiel was Arbeitsbedingungen entlang der Lieferketten im globalen Süden betrifft. Insgesamt müssen soziale und ökologische Faktoren stets entlang der gesamten Wertschöpfungskette der staatlichen Aufträge betrachtet werden. Veränderungen in der öffentlichen Vergabe können starke Auswirkungen auf Beschäftigung, insbesondere in anderen Regionen haben. So etwa, wenn von weniger nachhaltigen auf ökologische Materialien gewechselt wird.
Es braucht verbindliche soziale und ökologische Kriterien
Auf Basis der Studienergebnisse fordert die Arbeiterkammer, dass für öffentliche Aufträge verpflichtend soziale und ökologische Kriterien eingeführt werden. Zum Beispiel muss bei Bauaufträgen für staatliche Gebäude zwingend auf erneuerbare Energien und Energieeffizienz gesetzt werden, bei Lebensmittelbeschaffung auf Regionalität und die Vermeidung von Verschwendung, und so weiter. Die Studie zeigt, dass dadurch ein ökologischer Mehrwert realisiert werden kann.
Rechtlich sind solche Kriterien zwar vorgesehen, auf Europäischer Ebene sind sie allerdings unverbindlich. Auf österreichischer Ebene sieht der Aktionsplan für nachhaltige Beschaffung (naBe) soziale und ökologische Kriterien vor, diese bieten jedoch großen Spielraum für die öffentlichen Auftraggeber.
Öffentliche Beschaffung muss klimaneutral werden
Die Bewältigung der Klimakrise kann nur gelingen, wenn die gesamte Wirtschaft sozial-ökologisch umgebaut wird. In Bezug auf die privatisierten und liberalisierten Märkte ist es eine große Herausforderung, aus der Profitlogik auszubrechen. Wenn aber der Staat mit öffentlichen Geldern wirtschaftet, muss sich das innerhalb der planetaren Grenzen ausgehen und dabei sozial gerecht sein. Anders gesagt: Es müssen einfache Lösungen umgehend angewendet werden, um für komplizierte Probleme mehr Zeit zu erkaufen. Es braucht eine sozial-ökologische Vergabepraxis.