Kommentar: Ist Ideologie schlecht?

Kürzlich schrieb ein langjähriger Leser der „Wirtschaft und Umwelt“, dass ihm diese zu sehr ideologisch ausgerichtet sei. Ich ringe seither darum zu verstehen, was daran eine Kritik ist und was eine Bestätigung unserer Arbeit. 

Auf der einen Seite ist Ideologie in Verruf geraten. Das ist besonders dann der Fall, wenn Entscheidungen dadurch gerechtfertigt werden, dass auf bestimmte Prinzipien verwiesen wird, die nicht zur Diskussion stehen. Häufig passiert dies in Form von unhinterfragten Autoritätsargumenten. So kann Ideologie zur Bildung verfeindeter Lager führen.

Ideologie steht aber auch für eine Weltanschauung, ist also geprägt von Werten und Interessen. Im positiven Sinn kann sie daher helfen, das politische Handeln an einheitlichen Grundsätzen auszurichten. Für mich zählen dazu beispielsweise der Anspruch jedes Menschen auf ein selbstbestimmtes, erfülltes Leben, das Prinzip der Gerechtigkeit, die Wichtigkeit des gemeinsamen, gesellschaftlichen Füreinander. Auch wenn es da viel Raum für Diskussion gibt – das Fundament dieser Überzeugungen ist unverrückbar. Wenn es „ideologisch“ ist, die gesellschaftlichen und politischen Ziele an solchen Grundsätzen auszurichten und immer wieder zu überprüfen, dann kann ich mit dieser Zuschreibung gut leben.