Wissenschaft: Grünes Gas: Retten Wasserstoff und Biomethan das Klima?

„Klimaneutral im Jahr 2040“ um dieses notwendige, aber zugleich ambitionierte Ziel erreichen zu können, ist ein massiver Umbau unserer Energieversorgung notwendig. Große Mengen an fossilen Energieträgern wie Erdgas und fossile Treibstoffe, müssen durch klimaneutrale Alternativen ersetzt werden. Biomethan aus Biomasse und grüner Wasserstoff werden dabei eine wichtige Rolle spielen. Doch welche Erwartungen sind realistisch? Was können Wasserstoff und Biomethan zur Dekarbonisierung beitragen? Was nicht? Welche Alternativen gibt es?

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In ihrer Studie „Edelsprit für alles? – Bedarf und Angebot an Grünen Gasen in Österreich“ haben sich die beiden BOKU-Wissenschafter Johannes Schmidt und Sebastian Wehrle im Auftrag der Arbeiterkammer mit diesen Fragen auseinandergesetzt. 

Die Grenzen von Biomethan und Wasserstoff

Derzeit werden noch in allen Sektoren beträchtliche Mengen an fossilen Energieträgern eingesetzt. Vor allem der Verkehr, die Industrie, aber auch die Haushalte und die Strom- und Fernwärmeversorgung verbrauchen nach wie vor große Mengen an Erdgas, Öl und Kohle. 

Sogenannte „grüne“ Energieträger könnten diese fossilen Energien ersetzen. In Frage kommen dabei vor allem zwei Technologien: Zum einen Biogas und Biotreibstoffe aus Biomasse – also aus agrarischen Produkten wie Mais oder Weizen, aus Holz oder aus biogenen Reststoffen. Zum anderen grüner Wasserstoff. Er wird durch Elektrolyse, also durch die Spaltung von Wasser mithilfe von elektrischer Energie gewonnen. Das Potenzial an ungenutzten Roh- und Reststoffen, die für die Erzeugung von Biomethan herangezogen werden können, ist beschränkt. Selbst unter sehr optimistischen Annahmen kann höchstens ein Siebtel der zusätzlich benötigten Grünen Gase aus Reststoffen erzeugt werden (siehe Grafik). Hauptgrund dafür ist, dass bereits heute die meisten Reststoffe eine Verwendung finden und etwa zur Energiegewinnung verbrannt oder stofflich genutzt werden, z.B. um Holzfaserplatten herzustellen.

Möchte man große Mengen an Biomethan erzeugen, so kommt man rasch in Konflikt mit der Lebens- und Futtermittelproduktion. So zeigen Wehrle und Schmidt, dass in einem „Grün-Gas-Szenario“, das stark auf Biomethan und Biotreibstoffe setzt, beinahe die gesamte Ackerfläche Österreichs notwendig ist um die Nachfrage decken zu können. Für die Produktion großer Wasserstoffmengen braucht es hingegen viel zusätzlichen, erneuerbaren Strom. Im Vergleich zu Biomethan braucht die Herstellung von grünem Wasserstoff allerdings viel weniger Land. Denn der für die Erzeugung von Wasserstoff benötigte Strom kommt mit weit weniger Fläche aus als die Biomasse, welche für dieselbe Energiemenge an Biomethan benötigt wird.

„Elektrifizierung zuerst!“

Am weitaus effizientesten ist freilich der direkte Einsatz elektrischer Energie. Da Umwandlungsverluste wegfallen, muss in einem solchen „Elektrifizierungs-Szenario“ deutlich weniger Energie eingesetzt werden, um denselben Nutzen zu stiften. So sinkt der Bedarf an Energie im, von Wehrle und Schmidt skizzierten, „Elektrifizierungs-Szenario“ auf knapp 60 Prozent des „Grün-Gas-Szenarios“.  

Natürlich könnten Grüne Gase und Treibstoffe auch importiert werden. Um die Importe aus Drittländer herrscht allerdings bereits jetzt große Konkurrenz und – wie bei allen Rohstoffen – sind geopolitische Faktoren zu berücksichtigen. Hinzu kommt, dass der Transport über weite Entfernungen, insbesondere von Wasserstoff, sehr teuer ist. Aufgrund hoher Herstellungs- und Transportkosten sind Grüne Gase daher – nicht nur im Vergleich zu fossilen Treibstoffen, sondern auch im Vergleich zu anderen CO2-neutralen Optionen – teuer.

Grüne Gase dort wo es keine Alternativen gibt

Für Studienautor Sebastian Wehrle ist daher klar: „Wegen ihrer hohen Kosten und ihres hohen Flächenbedarfs sollten Grüne Gase nur dort eingesetzt werden, wo es keine effizientere Alternative gibt. In vielen Fällen ist der direkte Einsatz von Strom, dem Einsatz von Grünem Gas vorzuziehen. Dies gilt vor allem für die private Wärmeversorgung und den Individualverkehr“. Wasserstoff und Biomethan sollten in erster Linie dort eingesetzt werden, wo sie für die Dekarbonisierung notwendig sind, etwa in der Stahlerzeugung, der chemischen Industrie oder beim Schwerverkehr. Als Energiespeicher, um Stromüberschüsse aus dem Sommer in den Winter zu bringen, wird Wasserstoff in Kombination mit Fernwärme-Gaskraftwerken auch eine wichtige Rolle spielen.

Diese Transformation ist mit einem hohen Aufwand verbunden. Die Gasnetze gilt es an eine neue Struktur sowie neue technische Voraussetzungen anzupassen. Gleichzeitig müssen Strom-, Wasserstoff- und Wärmenetze in den kommenden Jahren massiv ausgebaut werden. Bei all dem dürfen die soziale Dimension und die Leistbarkeit – insbesondere für private Haushalte – nicht außer Acht bleiben. Aber auch die Notwendigkeit der Dekarbonisierung in der energieintensiven Industrie gilt es zu berücksichtigen. Die Politik ist also gefordert, einen rechtlichen Rahmen zu schaffen, der Rechtssicherheit für die notwendigen Investitionen sicherstellt und zugleich die Kosten fair verteilt.

Link zur Studie