Leben

Reparaturbonus – Potenzial für ein europäisches Erfolgsmodell?

Die drei größten Hinderungsgründe von Reparaturen sind vor allem die Nicht-Reparierbarkeit von Geräten, das (vermeintlich) hohe Alter und die Kosten, wie eine Erhebung der AK von Haushaltsgroßgeräten zeigt. Dass insbesondere eine Kostensenkung sich positiv auf die Bereitschaft zur Reparatur auswirkt, hat der österreichische Reparaturbonus deutlich gezeigt. Die österreichweite Einführung des Reparaturbonus hat eine längere Vorgeschichte. Ende 2017 begann zuerst die Stadt Graz auf kommunaler Ebene mit dem ersten Reparaturbonus in Österreich, nach einem Jahr hat Oberösterreich als erstes Bundesland Reparaturen finanziell gefördert, nach und nach folgten die Steiermark, Niederösterreich, Salzburg und Wien. Ende April 2022 hat schließlich das Klimaministerium einen bundesweiten Reparaturbonus implementiert. Das Prinzip ist seit der Entstehung im Wesentlichen gleich: Gefördert werden 50 % der Kosten (maximal 200 Euro) für die Reparatur von elektrischen Geräten. Auch Kostenvoranschläge werden mit einem Maximalbetrag von 30 Euro zur Hälfte finanziert. Aufgrund von Betrugsfällen durch Betriebe musste im Juli 2023 der Reparaturbonus zwischenzeitlich gestoppt werden und soll ab Herbst in adaptierter Form wieder verfügbar sein. Die Förderbeträge sollen dann unmittelbar an die Kund:innen ausgezahlt werden. 

Es wird mehr repariert, wenn die 
Anreize stimmen

Der nationale Reparaturbonus übertraf nach einem Jahr des Bestehens alle Erwartungen – es wurden bis April 2023 schon mehr als 560.000 Gutscheine eingelöst, der Meilenstein von 400.000 Reparaturgutscheinen war erst für das Jahr 2026 avisiert worden. Die Hälfte aller reparierten Geräte betrafen Smartphones und Handys, auf den nächsten Stellen folgten mit je zirka 10 % Geschirrspüler, Waschmaschinen und Kaffeemaschinen. Das Projekt wird über einen EU-Fördertopf mit einer Maximalsumme von 130 Millionen Euro finanziert und endet 2026. Aufgrund der hohen Nachfrage ist zu befürchten, dass die Förderung schon früher ausläuft. Unklar ist, wie es nach dem Ende der Förderung weitergeht. 

Das Projekt bestätigt sehr anschaulich, dass die Kosten ein großer Hinderungsfaktor für die Inanspruchnahme von Reparaturen sind – sobald diese sinken, wird mehr repariert. Es braucht daher auch nach dem Ende der Förderperiode Maßnahmen. Wünschenswert wäre jedenfalls ein EU-weites Fördermodell. Eine Ausweitung des Geltungsbereichs des Reparaturbonus auf alle Konsumgüter wäre wichtig, damit z.B. auch Möbel, Textilien oder Spielzeug verstärkt repariert werden. Der österreichische Reparaturbonus gilt in anderen europäischen Ländern wie beispielsweise Deutschland als ein Best-Practice Beispiel. Bis zu einer EU-weiten Regelung sollte die nationale Variante daher unbedingt verlängert und erweitert werden. 

Neben der Förderung von Anreizen, sind aber auch Regulierungen im Produktdesign notwendig, damit Produkte überhaupt wieder reparierbar werden. Dies soll die EU-Ökodesign-Verordnung sicherstellen, die gerade auf europäischer Ebene verhandelt wird. Zu erwarten ist, dass verbindliche Vorschriften hinsichtlich Haltbarkeit und Reparierbarkeit (Möglichkeit des Öffnens der Geräte, Akkutausch) für viele Konsumgüter festgelegt werden. Nur mehr Produkte, die diese Kriterien erfüllen, dürfen dann auf den europäischen Markt. Zusätzlich soll der Reparaturindex, der voraussichtlich 2025 zum ersten Mal für Smartphones kommt, Konsument:innen über die Reparierbarkeit von Geräten informieren. Der aktuelle Vorschlag der EU-Kommission zum „Right to Repair“ soll für Konsument:innen Reparaturen erleichtern. Es werden zwar Instrumente wie eine Reparaturverpflichtung für bestimmte Produkte vorgeschlagen, diese sind aber zu eingeschränkt. Die Kostenkomponente wird in dem Vorschlag völlig außer Acht gelassen, wie auch die AK kritisiert. 

Der fragwürdige Reiz des Neuen

Allgemein ist kritisch zu hinterfragen, warum neue Produkte im Verhältnis zur Reparatur so günstig sind, dass sich eine Reparatur ökonomisch für die Konsument:innen oft nicht lohnt. Der niedrige Preis liegt zum Großteil an den Produktionsbedingungen der Neuware, die oft im globalen Süden unter menschenunwürdigen Bedingungen produziert werden – sei es in der Textilbranche oder auch in der Unterhaltungselektronik. Hier braucht es vor allem eine Sicherstellung guter Produktionsbedingungen – wie sie etwa das Lieferkettengesetz bietet. Weiters haben sich die Produktzyklen in den letzten Jahrzehnten massiv beschleunigt. Neue Produkte am Markt, die (vermeintlich) technische Innovationen bringen, sollen Konsument:innen dazu anhalten, etwas neues zu kaufen, statt noch funktionsfähige Güter zu reparieren. Zusätzlich suggeriert Werbung und geschicktes Marketing, dass neue Produkte vermeintlich notwendig sind, um im sozialen Kontext mithalten zu können.

Ein starker Hebel ist zum einen das Gewährleistungsrecht – eine Verlängerung der Gewährleistung würde dazu beitragen, dass Produkte generell länger haltbar sind. Zweitens spielt das Produktdesign eine wesentliche Rolle bei der Reparierbarkeit. Hier sind durch die Ökodesign-Verordnung Verbesserungen erwartbar, es ist daher ein rascher Beschluss und eine schnelle Umsetzung der Produktmaßnahmen notwendig. Auf Konsument:innenseite braucht es neben der Kostensenkung von Reparaturen auch die Schaffung von Infrastrukturen – z.B. durch Reparaturzentren oder Repair-Cafés. Hier muss auch der Arbeitsmarkt durch Ausbildungen im Bereich Reparatur entsprechend Vorkehrungen leisten, damit die erhofften Anstiege bei Reparaturen nicht zu einem Bumerang-Effekt führen.