Kontroverse: Muss die Lkw-Maut weiter erhöht werden, um einen klimafitten Güterverkehr in Österreich zu erreichen?
Pro: Der Lkw-Verkehr muss seinen Beitrag für die Klimawende leisten. Ohne CO2-Aufschlag bei der Lkw-Maut zahlt die Allgemeinheit die Zeche.
Österreich muss seine CO2-Emissionen bis 2030 drastisch senken. Im Straßengüterverkehr steigen sie aber immer noch. Jetzt gilt daher verschärft: Jede Lkw-Fahrt vermeiden, auf die Schiene verlagern oder zumindest mit einem klimafreundlichen Lkw durchführen. Der Investitionsbedarf für diese Klimawende ist freilich enorm. Deshalb erlaubt die EU erstmals einen CO2-Aufschlag bei der Lkw-Maut für einen klimafitten Güterverkehr. Wenn nichts getan wird, zahlen wir den Preis bei nicht-erreichten EU-Verpflichtungen und für die Klimakrise.
Ein Vergleich der Höhe der österreichischen Maut mit anderen europäischen Ländern hinkt. Der neue CO2-Mautaufschlag geht nicht an die Autobahnbetreiber, sondern fließt in den Staatshaushalt. Das schafft Spielraum für neue, klimafitte Maßnahmen, entlastet die Allgemeinheit und setzt verursachergerecht Anreize für den nicht-fossilen Transport von Gütern. Deutschland macht es vor und verlangt 200 € pro Tonne CO2. Österreich will hingegen nur einen Bruchteil davon einheben und lässt bis 2026 buchstäblich 1,5 Mrd. € auf der Straße liegen.
Gezielt geschürte Ängste („Preisanstieg für Konsumenten durch Lkw-Maut“) sind so alt wie die Lkw-Maut und haben sich noch nie bewahrheitet. Dazu ist der Transportkostenanteil am Endverbraucher:innenpreis einfach zu gering und die Löhne von Lenker:innen skandalös niedrig. Wer gegen Inflation wirklich vorgehen will, muss schon bei den wahren Kostentreibern ansetzen, beispielsweise den rasant steigenden Mieten. Entlastung beim Schwerverkehr ist dagegen fehl am Platz: Zwei Drittel aller gefahrenen Lkw-Kilometer auf unseren Autobahnen stammen von ausländischen Unternehmen. Sie fahren im Transit über den Brenner oder haben ihre Lkw steuermindernd außerhalb Österreichs angemeldet.
Con: Österreich hat schon jetzt die EU-weit höchste Lkw-Maut. Erhöhungen führen lediglich zu Mehrbelastungen ohne positive Umwelteffekt
Hohe Kosten und Gebühren für Unternehmen sind Inflationstreiber: Das haben die vergangenen Wochen und Monate gezeigt. Höhere Mautgebühren treffen daher nicht nur den Straßengüterverkehr allein, sondern letztlich alle Menschen in diesem Land. Schon 2018 hat eine Prognos-Studie gezeigt, dass die Maut um mehr als 20 % zu hoch ist. Deshalb ist die Wirtschaft auch klar gegen weitere Erhöhungen. Von der ab 2024 geplanten Anlastung von CO2-Kosten bei der Maut erwartet sich das Klimaministerium eine umweltlenkende Maßnahme, die den Umstieg auf CO2-neutrale Fahrzeuge vorantreibt. Derzeit führt der CO2-Zuschlag jedoch nur zu weiteren Mehreinnahmen für den Staat ohne (nennenswerte) Verlagerungswirkung.
Der Zeitpunkt des Markthochlaufs von E-Lkw bzw. Wasserstofffahrzeugen im mautrelevanten klassischen Fernverkehr ist ungewiss. Auch fehlt es noch immer an einer flächendeckenden Tank- und Ladeinfrastruktur für Lkw. Diese ist aber Voraussetzung, um den Einsatz emissionsfreier Fahrzeuge zu ermöglichen und für die Unternehmen kalkulierbar zu machen.
Höhere Kosten für Treibstoff (ab 2024 folgt eine weitere Erhöhung der nationalen CO2-Bepreisung), steigende Mautgebühren, hohe Energiekosten etc. sind Inflationstreiber und treffen schließlich alle. Ohne (ausreichende) Alternativen zum Umstieg bleiben diese verteuernden Maßnahmen ohne nennenswerten Umwelteffekt. Um eine stärkere Verlagerung auf die Schiene zu erreichen, sind Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung essenziell, wie z.B. der Abbau administrativer Hindernisse, Infrastruktur- und Kapazitätsausbau und zielgerichtete finanzielle Entlastungsmaßnahmen, für die wir uns auch vehement einsetzen.