Schwerpunkt
Klima & Geld
Das EU-Budget im Zeichen des Klimaschutzes
Geht es nach der Europäischen Kommission, soll der Budgetrahmen für die siebenjährige Finanzperiode ein Volumen von insgesamt 1.279 Mrd.€ haben. Laut vereinzelter Medienberichte bedeutet das einen Anstieg des Mittelvolumens gegenüber der laufenden Finanzperiode. Dem ist jedoch nicht so: Der Kommissionsvorschlag für den Finanzrahmen für die nächsten sieben Jahre, 2021 bis 2027, sieht einen Umfang von 1,11% des Bruttonationaleinkommens (das entspricht der Wirtschaftsleistung der EU-Mitgliedstaaten) für die EU27 d.h. ohne Großbritannien vor. In der aktuellen Finanzperiode 2014 bis 2020 ist hingegen ein Mittelvolumen von 1,00 % des EU28-Bruttonationaleinkommens (BNE) eingeplant. Großbritannien ist in der laufenden Finanzplanung also noch enthalten. Um die Volumina vergleichen zu können, ist es notwendig, die Mittelflüsse für Großbritannien aus dem laufenden Finanzrahmen herauszurechnen. Das hat die Kommission auch getan und kommt, heruntergebrochen auf die EU27 ohne UK, auf ein EU-Haushaltsvolumen von 1,13% des BNE. Damit liegt der Kommissionsvorschlag für 2021 bis 2027 unter dem Volumen der laufenden Periode. Zudem ist zu bedenken, dass sich die EU-FinanzministerInnen schon fast traditionell auf einen Mittelumfang für den EU-Haushalt verständigen, der deutlich unter dem Vorschlag der Kommission liegt. Es ist daher davon auszugehen, dass die für die verschiedenen EU-Programme verfügbaren Gelder in der kommenden Finanzperiode deutlich zurückgehen werden.
Zudem steht die EU27 vor der Herausforderung, dass Großbritannien aller Voraussicht nach Ende März 2019 aus der Union ausscheiden wird. Dadurch entsteht im EU-Budget laut dem zuständigen EU-Kommissar Günther Oettinger eine Finanzierungslücke von 12 bis 14 Milliarden € jährlich. Auf der anderen Seite ist jedoch der berühmte „Briten-Rabatt“ auf die Mitgliedsbeiträge des Vereinigten Königreichs und damit verbunden auch die Rabatte, die sich in der Folge viele weitere EU-Mitgliedstaaten ausbedungen haben, Geschichte.
Maßnahmen gegen Klimawandel im Fokus
Gerade aus umweltpolitischer Sicht überrascht die Kommission trotz zurückgehendem Finanzvolumen mit einem sehr engagierten Vorschlag: Vor rund drei Jahren haben sich fast 200 Länder auf ein rechtsverbindliches, weltweites Klimaschutzübereinkommen geeinigt. Durch eine Reduktion der Treibhausgasemissionen soll der weltweite Temperaturanstieg bis zum Jahr 2100 auf 1,5° Celsius begrenzt werden. Wie die weltweit stark zunehmenden Wetterextreme in den letzten Jahren gezeigt haben, ist ein rasches Handeln dringend nötig. Die Kommission zeigt mit ihrem Vorschlag auch, dass sie die Situation ernst nimmt: Denn gleich ein Viertel des gesamten EU-Budgets soll zur Erreichung dieses Klimaschutzziels verwendet werden.
Maßnahmen zum Klimaschutz sollen bei allen EU-Programmen berücksichtigt werden. Der Beitrag der einzelnen Programme zur Erreichung dieses Gesamtziels soll über ein detailliert aufgeschlüsseltes Klima-Marker-System der EU verfolgt werden. Die entscheidende Frage, wie das Marker-System die Klimaschutz-Relevanz feststellt, ist bislang noch ganz ersichtlich.
Einen großen Beitrag zur Erreichung dieses Ziels erwarten sich die EU-Beamten insbesondere vom Programm Connecting Europe, welches Investitionen in Verkehrs-, Energie- und Digitalnetze fördert. Demnach sollen 60% der Mittel aus diesem Programm zur Verwirklichung des Klimaschutzziels verwendet werden.
Einige Erwartungen hat die Kommission auch hinsichtlich der Gemeinsamen Agrarpolitik. Mit 365 Mrd. € stehen nach wie vor überproportional viele Geldmittel für die EU-Landwirtschaft zur Verfügung. Die Kommission möchte, dass 40% der Direktzahlungen an die landwirtschaftlichen Betriebe an den Umwelt- und Klimaschutz geknüpft werden sollen. Auch das Programm zur Entwicklung des ländlichen Raums enthält eine Zweckbindung für Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen. Für das Umweltschutzprogramm LIFE sollen darüber hinaus 5,45 Mrd. € über einen Zeitraum von sieben Jahren zur Verfügung stehen. Das wären im Vergleich zur derzeit laufenden Finanzperiode um 1,95 Mrd. € mehr als bisher. Angesichts der Zielsetzung den Klimawandel einzudämmen, muss das Finanzvolumen für LIFE jedoch als recht bescheiden bezeichnet werden.
Engagierte Klimaziele auch bei Kohäsions- und Regionalpolitik
Eine ganz wesentliche Rolle in der EU-Politik spielt auch die Kohäsions- und Regionalpolitik. Das drückt sich auch beim vorgeschlagenen Mittelvolumen in Höhe von 273 Mrd. € aus. Ähnlich wie bei der EU-Landwirtschaftspolitik und Connecting Europe soll ein überproportionaler Anteil der Gesamtmittel für Klimaschutzmaßnahmen verwendet werden. Bei der Regionalpolitik (Gesamtvolumen 200,6 Mrd.€) sollen es 30%, bei der Kohäsionspolitik (Gesamtvolumen 41,3 Mrd. €) sogar 37% sein. Das explizite politische Ziel ist es laut der Kommission, ein grüneres, CO2-armes Europa insbesondere durch Förderung von sauberen Energien und einer fairen Energiewende sowie einer Kreislaufwirtschaft zu erreichen. Weniger ambitioniert ist der Vorschlag hingegen beim so genannten Invest-EU-Programm, das helfen soll, Investitionen mit einem Volumen von 650 Mrd. € zu fördern. Die Kommission geht von einem Beitrag von 25% des Gesamtvolumens für die Erreichung des Klimaschutzziels aus.
Beschäftigungspolitik und Klimaschutz
Auch bei den Programmen der Beschäftigungs- und Sozialpolitik sollen 25% der Mittel für die Eindämmung des Klimawandels verwendet werden. Insgesamt ist ein Finanzvolumen für den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+) in Höhe von 101 Mrd. € für 2021 bis 2027 geplant. Die vorgeschlagenen Maßnahmen umfassen Projekte zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und Armut, Förderung von Qualifikation sowie Aus- und Weiterbildung. Insbesondere die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit ist eine der Topprioritäten des ESF+. Bildungsmaßnahmen könnten durchaus einen Beitrag hin zu „saubereren“ Jobs leisten und damit das Klimaschutzziel unterstützen. Allgemein ist jedoch leider festzustellen, dass die Mittel, die für den ESF+ zur Verfügung stehen mit einem Anteil von 7,2% am Gesamtbudget gering ausfallen, beispielsweise bei einem Vergleich mit den verfügbaren Mitteln für die EU-Agrarpolitik.
Einen positiven Akzent setzt die Kommission aber mit dem Europäischen Globalisierungsfonds (EGF). Die Kommission erwähnt ausdrücklich, dass Beschäftigte, die vom Übergang zu einer „Low-Carbon Economy“ negativ betroffen sind über den EGF unterstützt werden sollen. Die Erreichung der anvisierten Klimaziele wird demnach eine grundlegende Veränderung der gesamten Wirtschaftsstruktur mit sich bringen. Eine solche Transformation stellt nicht nur eine technische Herausforderung dar: Eine intensive Auseinandersetzung, wie diese Veränderungen sozial gerecht gestaltet werden können („Just Transition“), ist nötig. Umfassende Maßnahmen, um die Beschäftigten für die digitale Arbeitswelt aus- und weiterzubilden und entsprechende arbeitsmarktpolitische Maßnahmen sind dazu nötig.
Die angedachte Mittelausstattung von 200 Mio. € für den EGF pro Jahr fällt jedoch enttäuschend niedrig aus und müsste angesichts der aktuellen Herausforderungen wesentlich höher angesetzt werden.
Komplexe Verhandlungen im Rat
Ob und in welchem Ausmaß der EU-Finanzrahmen zum Pariser Abkommen gegen den Klimawandel beitragen wird, hängt letztlich auch von den Verhandlungen im Rat ab. Bislang ist jedoch nur wenig über die Verhandlungen auf Ratsebene bekannt. Neben einer einstimmigen Entscheidung im Rat, ist auch die Zustimmung des Europäischen Parlaments nötig. Schon vor rund einem Jahr hat das EU-Parlament in einer Entschließung mehr Ehrgeiz bei der Erreichung der Klimaschutzziele im Rahmen des Pariser Übereinkommens gefordert. Denkbar wäre daher, dass die EU-Abgeordneten ihre Zustimmung zum nächsten EU-Finanzrahmen daran knüpfen. Wie die EU-Budgets der nächsten sieben Jahre aussehen werden, dürfte im besten Fall im Frühjahr 2019 feststehen. Dieses Ziel hat die Kommission dem Rat und dem EU-Parlament zumindest mit seinem Vorschlag mitgegeben.