Schwerpunkt

Sustainable Development Goals

Interview mit Nationalratsabgeordneter Petra „Penny“ Bayr: Die Perspektive des Gesetzgebers

Wie sind Sie mit den SDGs in Berührung gekommen? 

Bayr: Ich war als entwicklungspolitische Sprecherin des SP-Klubs im Parlament schon vor 2015 in die Umsetzung der Millennium Development Goals und die entsprechenden UN-Gremien involviert. Durch die große Offenheit des Prozesses zur Entwicklung der SDGs seitens der Vereinten Nationen war ich auch frühzeitig eingebunden. 

Welche Hoffnungen verbinden 
Sie mit den SDGs? 

Bayr: Das große Potenzial der SDGs liegt darin, dass die Agenda aus der entwicklungspolitischen Diskussion herausgelöst wird. Auch Industrieländer sind dazu aufgerufen, eigene Problemlagen anzugehen, beispielsweise bei der Berücksichtigung von Nachhaltigkeit in Produktion und Konsum, bei der Integration von Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt oder beim Schließen des Gender Pay Gap. Zusätzlich wird der Blick aber auf internationale Solidarität gelenkt, auf die Frage wie man Länder mit weniger Ressourcen unterstützen kann. 

Wie beurteilen Sie den bisherigen Umsetzungsprozess? 

Bayr: Die Umsetzung in Österreich ist bisher sicher nicht optimal gelaufen. Schon der mit dem Ministerratsbeschluss verfolgte Mainstreamingansatz ist schwer greifbar, im Grunde kann alles und nichts als Beitrag zur Umsetzung der SDGs verstanden werden. Selbst für mich als Parlamentarierin ist schwer zu verfolgen, welche Maßnahmen die Regierung wirklich im Sinne der Umsetzung der SDGs ergreift. Ich kann nicht sämtliche Aktionspläne, Gesetzesvorhaben etc. auf ihren Beitrag zu den SDGs prüfen. Positiv ist aber hervorzuheben, dass es in Österreich prinzipiell schon viele Initiativen gibt, die im Sinne der SDGs wirken. 

Welche Wünsche haben Sie 
an die zukünftige Regierung? 

Bayr: Auf Bundesebene hat zur Einleitung des Umsetzungsprozesses ein zwischen den Ministerien abgestimmtes „Stock Taking“ stattgefunden, dessen Ergebnis allerdings nie publiziert wurde. Das müsste seitens der nächsten Regierung unbedingt nachgeholt werden. Nur auf der Grundlage der identifizierten Lücken können Pläne zur Verbesserung der Zielerreichung erstellt und Verantwortlichkeiten, Ressourcen und Zeitrahmen definiert werden. Darüber hinaus lebt der SDG-Prozess auf UN-Ebene von Beginn an von der umfassenden Einbindung der Zivilgesellschaft. In Österreich wurde das bei der Umsetzung bisher weitgehend ausgeblendet. Auch das Parlament und die Sozialpartner sind in den Prozess nicht systematisch eingebunden, den Kern bildet eine wenig transparente interministerielle Arbeitsgruppe. Zukünftig wäre nicht nur ein offenerer Zugang zum Diskussionsprozess zu gewährleisten; es müsste anstelle von informellen Papieren – wie dem zuletzt veröffentlichten über ‚Beiträge der Bundesministerien zur Agenda 2030‘ – formelle Berichte geben, die dann die Grundlage für die parlamentarische Befassung mit den SDGs in sämtlichen zuständigen Ausschüssen bilden würden.