Schwerpunkt

Klimaziele & Verkehr

Klimafreundliche Mobilität als Chance begreifen

Die Klimaziele erfordern eine regelrechte Mobilitätswende. Warum ist der eigene Pkw für viele Menschen so wichtig? 

Das Auto ist über Jahrzehnte zum Statussymbol angewachsen. Die Bindung ist eher mit einem Suchtverhalten zu vergleichen als mit Bedürfnisbefriedigung. Da spielt es auch eine Rolle, wie aggressiv Autowerbung betrieben wird: Man verkauft kein Auto, sondern ein perfektes Leben! Der Pkw ist ein fahrbares Territorium. Im Zug wird jede Minute Verspätung kommuniziert, beim Auto verändert das Navi subtiler einfach die Ankunftszeit. Wer im Auto sitzt, hat das Gefühl, die Situation im Griff zu haben –  und sei es nur, dass man sinnlos auf´s Gas steigt oder hupt. 

Wo sehen Sie Hindernisse für einen Umstieg vom Pkw auf den öffentlichen Verkehr, das Radfahren oder Zufußgehen im Verhalten der Menschen? 

Aktive Mobilität ist mit Anstrengung verbunden und bedarf eines Energieaufwands. Unser Bauchgefühl geht in Richtung Energiesparen, außer wir schalten unser Hirn ein. Zu einer Verhaltensänderung kommt es aber dann, wenn man etwas ausreichend zur Gewohnheit macht. Das Fahrrad ist in der Stadt eigentlich unschlagbar, aber die Sicherheit ist ein Riesenthema. Da geht es um Infrastruktur und Flächenverteilung im öffentlichen Raum. Dem parkenden Auto wird viel zu viel Platz im öffentlichen Raum gewidmet. Beim Umstieg auf Öffis muss man sich fragen, wie weit ist es zur nächsten Haltestelle, wie komme ich sicher dorthin. Das Auto steht vor der Tür. In der Blechkiste fühlt man sich sicher, obwohl die Öffis rational betrachtet auch in dieser Frage überlegen sind. 

Welche positiven Veränderungen für die Einzelnen könnte die Mobilitätswende bringen? Wie könnten diese stärker ins Zentrum der Aufmerksamkeit gelangen? 

Indem das Auto dorthin zurückgedrängt wird, wo es hingehört (für die letzten Kilometer im ländlichen Raum), entsteht für alle mehr soziale Gerechtigkeit. Was wir bei unserer autozentrierten Planung vergessen, ist, dass viele Menschen nicht Autofahren können: Kinder, sehr alte Menschen und Behinderte. Andere können oder wollen sich kein Auto leisten. Alle diese Menschen werden benachteiligt. Hat man ein Auto, muss man sich darum kümmern und es kostet viel. Bei dieser Mobilitätsart hat man keine Lebensqualität: Man sitzt am Steuer und ärgert sich über die anderen.

Welche Anreize sollte die Politik setzen, damit der Umstieg auf klimafreundliche Verkehrsarten stärkere Zustimmung in der Bevölkerung erhält? 

Bei allen Maßnahmen geht es um die Frage des Gerechtigkeitsempfinden. Steuern steuern zwar: Wenn etwas teurer wird, geht die Nachfrage zurück. Die es sich leisten können, tun aber weiter, wie bisher. Das löst Unzufriedenheit aus. Ein Verbot gilt hingegen für alle; da gibt es keine Ausnahmen. 

Meine vier Punkte wären: Pendlerpauschale abschaffen bzw. von der Nachhaltigkeit des Pendelverkehrs abhängig machen. Parkplätze im öffentlichen Raum massiv reduzieren. Servicequalität im öffentlichen Verkehr ausbauen! Geh- und Radinfrastruktur speziell am Land ausbauen.