Editorial: Neue Bahnen
Die Eisenbahnen haben die Welt verändert und sie können es wieder tun. Ab Beginn des 19. Jahrhunderts durchzogen Schienenstränge zuerst Europa, dann Nordamerika und schließlich alle besiedelten Kontinente. Plötzlich konnten die Menschen Kontakte über hunderte Kilometer pflegen. Eine Revolution für Handel, Informationsaustausch und Beziehungen.
Heute stehen wir wieder vor einem Wandel fast ähnlicher Tragweite: der Mobilitätswende. Der motorisierte Individualverkehr kann mit den vorhandenen Ressourcen nicht für alle Menschen ermöglicht werden. Die Folgen der Klimaerhitzung, die wesentlich durch die Emissionen von Benzin- und Dieselmotoren mitbedingt wird, sind in Österreich bereits zu spüren. Elektroautos verbrauchen mehr Energie und Flächen als Züge.
Wir müssen also im doppelten Sinn neue Bahnen beschreiten, wenn wir unsere Mobilität auf die Schienen verlagern wollen – sowohl im Güter- als auch im Personenverkehr. Diese notwendigen Änderungen dürfen wir uns gerne als lustvoll vorstellen. Bahnreisen üben auf mich persönlich eine Faszination aus. Bahnhöfe und Züge erwecken in mir Möglichkeitssinn und ein Gefühl von Freiheit. Viele Orte bequem und günstig mit dem Zug erreichen zu können, ist eine positive Zukunftsvision.
Der Ausbau unserer Bahnen in Österreich ist daher eine Chance. Sie kann aber nur gelingen, wenn entsprechend investiert wird und dabei jene Menschen miteinbezogen werden, die die Arbeit im Bahnverkehr machen. Gute Arbeitsbedingungen auf allen Ebenen des Bahnkosmos sind dafür eine Voraussetzung. Weil die Bahnen grundlegende Infrastrukturen darstellen, lassen sie sich nicht mit neoliberaler Wettbewerbsideologie fitmachen. Wer immer die neue Regierung in Österreich bilden wird, sollte dies beherzigen.
Dem Bahnverkehr kommt eine zentrale Bedeutung für den sozialen und ökologischen Umbau unserer Gesellschaft