Editorial: Plastikwut gegen Plastikflut
In diesem Sommer haben viele von einem Urlaub im Ausland nur geträumt und festgestellt, was Tourist*innen aus anderen Ländern ohnedies wissen: Österreich ist schön. Vor allem ist es wesentlich weniger vermüllt als manch andere beliebte Urlaubsländer. Mit Grauen und mit Wut erinnere ich mich an ein Familien-Picknick in einem heißen Land, wo vor Plastikabfall fast kein Platz war, um sich gemütlich niederzulassen. Also ist alles gut bei uns, wo die Natur schön aufgeräumt aussieht? Bei uns landet zwar weniger in der Natur, aber die schiere Menge der Plastikabfälle ist dennoch atemberaubend. Das merkt man spätestens beim Wocheneinkauf, wenn nach dem Auspacken der Mistkübel voller ist als der Kühlschrank. Der gelbe Sack und die gelben Tonnen quellen auch hierzulande über vor Kunststoffverpackungen und wirklich plastikfrei sind unsere grünen Wälder längst nicht mehr.
Kunststoffe sind aus vielen Lebensbereichen – vom Abflussrohr bis zur Zellophanverpackung nicht wegzudenken, aber auf keinen Fall sollten sie in den Mägen und Körpern von Vögeln und Fischen und auch nicht in Form von Mikropartikeln im Trinkwasser oder in unserem Essen landen. Was also tun? Recycling ist wichtig, aber es braucht strenge Vorgaben, damit sich die Produzenten nicht auf freiwillige Bemühungen ausreden können. Und Recycling allein reicht nicht, es geht um den Ersatz von Plastik durch nachhaltigere Materialien – in allen Anwendungsbereichen, von der Kleidung bis zu Möbeln und Verpackungen.
Die EU unternimmt einige Anstrengungen, von der Einweg-Plastik-Richtlinie bis hin zur geplanten Einführung einer eigenen Abgabe für nicht recycelten Kunststoffmüll. Ein wichtiges Handlungsfeld sind Getränkeverpackungen aus Plastik, für die es in vielen europäischen Ländern ein Einwegpfand gibt, um das Recycling zu steigern. Das – und eine verpflichtende Mehrwegquote - wäre auch in Österreich dringend nötig. Wenn der Finanzminister aber ankündigt, die drohende EU-Abgabe mit Steuergeld zu zahlen, statt dem für die Plastikflut verantwortlichen Handel ein Pfandsystem und Mehrwegquoten zuzumuten, dann steigt in mir die Plastikwut.