Kommentar: Letzte Chance für den Klimaschutz
Ende Juli 2019 meldete das Umweltbundesamt, dass im Vorjahr die Treibhausgas-Emissionen Österreichs um 3,8 Prozent gesunken sind. Während die ehemalige Umweltministerin Köstinger dies ihrer eigenen Politik zuschrieb, lagen die wahren Ursachen am milden Winter und an Revisionsarbeiten der VOEST, die einen Hochofen für mehrere Monate stilllegte.
Seit 1990 – dem Beginn der Kyoto-Verpflichtung – sollten die Treibhausgas-Emissionen Österreichs sinken; stattdessen sind sie – trotz des aktuellen Rückgangs – sogar angestiegen. Hauptverursacher und Achillesferse des heimischen Klimaschutzversagens ist der Verkehrsbereich. Dieser ist für 30 Prozent der österreichischen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich und hat seit 1990 um 73 Prozent zugenommen. Sogar im Vorjahr sind die verkehrsbedingten Emissionen weiter angestiegen. Verkehrsminister Hofer hat auch keine klimapolitischen Akzente gesetzt. Im Gegenteil: Teststrecken für Tempo 140 gehen in die verkehrte Richtung, auch wenn die ASFINAG dessen Umweltauswirkungen dank kreativer Methoden klein gerechnet hat. Ebenso wenig hilfreich ist die offene Baustelle, die Norbert Hofer bei den anstehenden Verkehrsdiensteverträgen hinterlassen hat. Diese Verträge regeln Organisation, Fahrplandichte und Finanzierung des Eisenbahn-Nahverkehrs für die nächsten zehn Jahre. Es ist zu hoffen, dass die Übergangsregierung noch rechtzeitig bis Jahresende diese Verhandlungen zu einem guten Abschluss bringen wird. Will Österreich die EU-Klimaziele erreichen, so sind in der nächsten Legislaturperiode radikale und konsequente Schritte in der Verkehrspolitik notwendig. Denn die Emissionen müssen von 23,8 Mio. bis 2030 auf 15,7 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent sinken. Zum Drehen an kleinen Schrauben (Stichwort „Überzeugen statt verbieten“) ist es jetzt zu spät, es müssen große Hebel umgelegt werden. Das Dilemma dabei: Wirksame Klimaschutzmaßnahmen müssen spürbar sein und das ist nicht populär. Einerlei, ob es sich um Tempo-100, Fahrverbote, Ende des Dieselprivilegs oder eine empfindliche Erhöhung der Flugticketabgabe handelt.