Leben
Länger nutzen und öfter reparieren – wie geht das?
Der Begriff „frühzeitige Obsoleszenz“ beschreibt das Problem, wenn Konsumgüter zu früh kaputtgehen bzw. ersetzt oder entsorgt werden. Das deutsche Umweltbundesamt hat erhoben, dass die Nutzungs-dauer von Haushaltgroßgeräten in den letzten Jahren sank, bei Gefriergeräten etwa innerhalb von zehn Jahren von 18,2 auf 15,5 Jahre. Auch in Österreich werden vor allem Unterhaltungsgeräte relativ kurz genutzt: Ein Handy wird im Schnitt 2,7 Jahre, ein Smartphone jedoch nur mehr 1,8 Jahre, ein Laptop 4,1 Jahre und ein TV-Gerät 7,3 Jahre verwendet, wurde in einer AK-Studie ersichtlich. Gründe für diese kurzen Nutzungsspannen sind einerseits Defekte, aber auch Produktneuheiten am Markt, die zu einem Ersatz führen. Bei Defekten wird das Reparieren oft erschwert – Geräte sind zum Teil so designt, dass ein Austausch der kaputten Teile nicht möglich ist oder es keine Ersatzteile gibt. Ein Öffnen ist nur mit Spezialwerkzeug möglich – eine Neuanschaffung scheint lohnender als eine Reparatur.
Ohne Update geht oft gar nichts mehr
Problematisch sind ebenso Produkte, die softwareunterstützt arbeiten: Hier führen fehlende Updates zur Unbrauchbarkeit der Geräte, obwohl die Hardware noch einwandfrei funktionieren würde. Gerade in Zeiten, in denen immer mehr „smarte“ Waren auf den Markt kommen, wird diese Form der Obsoleszenz künftig noch an Bedeutung gewinnen. Oft werden aus „Modernisierungsgründen“ alte Produkte trotz Funktionstüchtigkeit durch neue ersetzt, weil den KonsumentInnen bessere Funktionen oder Leistungen versprochen werden. Die immer kürzere Nutzungsdauer hat in der Folge negative Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft. 2017 fielen einerseits in Österreich 116.475 Tonnen an Elektroaltgeräte-Abfall (privat und gewerblich) an, die Menge ist dabei seit 2008 stetig gestiegen. Andererseits bringen frühzeitige Defekte gerade finanziell schwach ausgestattete Haushalte unter Druck. Laut EU-SILC können sich 20 Prozent der ÖsterreicherInnen keine unerwarteten Ausgaben im Haushalt (in der Höhe von 1.160 Euro) wie z.B. eine Reparatur oder einen Ersatzkauf leisten. Hinzu kommt der soziale Druck, neue Dinge zu besitzen, um nicht exkludiert zu werden.
Bei der Obsoleszenz handelt es sich daher um ein multiples Versagen auf mehreren Ebenen. Es bedarf vieler Maßnahmen und Prozesse auf gesellschaftlicher, unternehmerischer und politischer Ebene, um dem Problem zu begegnen. In der Bevölkerung nimmt die positive Einstellung zum Reparieren laut einer EU-weiten Studie wieder zu, auch manche Unternehmen erkennen im Bereich Re-Use wirtschaftliches Potenzial. Es bleibt jedoch fraglich, ob es sich hier um Nischenansätze oder doch um ein breitenwirksames Phänomen handelt.
Bekämpfung der Obszoleszenz
Den Rahmen muss die Politik setzen, hier gibt es auch wichtige Schritte wie z.B. das „Kreislaufwirtschaftspaket“ der Europäischen Kommission. Der Zwischenbericht zum Stand der Umsetzung liest sich sehr positiv, in einigen Bereichen wie etwa Plastik ist tatsächlich viel passiert. In anderen Bereichen sind die Entwicklungen aber leider träge, dies betrifft auch die Ökodesign-Richtlinie, die im Kreislaufwirtschaftspaket als eines der wichtigsten Instrumentarien zur Bekämpfung der Obsoleszenz genannt wird. Mit Hilfe dieser Richtlinie werden ökologische Mindestkriterien für energierelevante Produkte festgesetzt. Lange Zeit wurde in der Umsetzung hauptsächlich versucht, die Energieeffizienz der Geräte zu steigern – andere Maßnahmen, die auf eine Verlängerung der Lebensdauer abzielen – wie die Verfügbarkeit von Ersatzteilen oder die Reparierfähigkeit der Produkte – wurden vernachlässigt.
Langsam gewinnen diese Kriterien wieder an Bedeutung. Inwieweit diese Punkte aber tatsächlich Berücksichtigung in der Realität finden, werden die erneuerten Durchführungsmaßnahmen (u.a. zu Geschirrspülern und Fernsehgeräten) im Herbst zeigen.
Umsetzung hinkt hinterher
Ein weiterer Kritikpunkt an der Richtlinie ist die erhebliche Verzögerung bei der Entwicklung der Umsetzungsmaßnahmen. Weiters wird gefordert, dass z.B. Mobiltelefone und Smartphones als wichtige Produktgruppe in die Richtlinie aufgenommen werden. Auch die Ausweitung auf nichtenergierelevante Produkte wie Textilien, Möbel oder Spielzeug sind eine langjährige Forderung der europäischen Konsumentenschutzorganisation BEUC.
Eine Marktüberwachung wäre ebenso willkommen: Die Kommission schätzt, dass 10 bis 25 Prozent der Produkte am Markt nicht der Ökodesign-Verordnung entsprechen. Aus Sicht des Konsumentenschutzes beinhaltet das Kreislaufwirtschaftspaket gute Ansätze und mit der Ökodesign-Richtlinie eine eigentlich sehr effektive Maßnahme. In der Umsetzung gäbe es jedoch noch viel ungenütztes Potenzial.