AK-Studie: Umweltbezogene Ungleichheit in Europa
Die Diskussion zu Umweltgerechtigkeit (environmental justice) und umweltbezogener Ungleichheit (environmental inequality) hat in den USA bereits eine längere Tradition; in Österreich steckt sie demgegenüber noch in den Kinderschuhen. Die Studie verfolgte daher drei Ziele: Erstens sollten aus empirischen Studien und Berichten – insg. wurden 81 Dokumente ausgewertet – die wichtigsten Themen und Muster umweltbezogener Ungleichheit in der EU herausgefiltert werden. Zweitens galt es, einen Überblick über die wichtigsten Methoden und Datenbanken zur Untersuchung umweltbezogener Ungleichheit zu geben. Und schließlich wollten die AutorInnen einen konzeptionellen Rahmen entwickeln, mit dem sich gerechte Verfahren zur Reduktion von Ungleichheit identifizieren lassen.
Zunächst bemühen sie sich aber um eine begriffliche Klärung, ist doch die Unterscheidung zwischen Umweltgerechtigkeit und umweltbezogener Ungleichheit in der Literatur nicht trennscharf. Umweltbezogene Ungleichheit im Sinne der Studie thematisiert den Status quo. Es geht um die gruppenspezifische Verteilung von umweltbezogenen Risiken und Gefahren ebenso wie von Umweltgütern und -dienstleistungen. Umweltgerechtigkeit bezieht sich demgegenüber auf einen anzustrebenden Zustand – abgeleitet bspw. aus der Forderung nach einem Recht auf eine saubere, gesunde und sichere Umwelt. Aufgrund unterschiedlicher Gerechtigkeitsvorstellungen hängt dieser Idealzustand vom zugrundeliegenden Wertesystem ab und ist stets umstritten.
Umweltbezogene Ungleichheit wird auf Basis der Literaturauswertung in drei Dimensionen beschrieben: Zugang zu Ressourcen (von Nahrung bis zu leistbarem Wohnraum), Belastung durch Umweltverschmutzung (insb. verkehrsbedingt, aber auch durch Industrieanlagen und Müllplätze) sowie Klimawandel und Naturgefahren (wie Hitzestress oder Hochwasser). Die konkrete Betroffenheit hängt dabei nicht nur von der Exposition, sondern auch von der sozial determinierten Anfälligkeit (bspw. Wohnbedingungen) ab. Erst durch diese Vermittlung zwischen Exposition und Wirkung ergeben sich für unterschiedliche Gruppen – wie einkommensschwache (städtische) Haushalte oder die (arme) Bevölkerung in bestimmten ländlichen Regionen – konkrete Betroffenheitsmuster.
Zur Analyse der Exposition stehen unterschiedliche Methoden zur Verfügung, die sich im Bereich der Umweltbelastungen grob in räumliche und nicht-räumliche Ansätze einteilen lassen. Als Beispiele für relevante Datenquellen werden die strategischen Lärmkarten, das Europäische Schadstoff-Freisetzungs- und Verbringungsregister (E-PRTR) sowie raumbezogene Daten aus Geoinformationssystemen (GIS) angeführt. Zusätzlich verweisen die AutorInnen auf Ansätze, mit denen globale Verteilungsmuster der Aneignung von Ressourcen und der Auslagerung von Umweltbelastungen dargestellt werden können.
Abschließend werden Verfahren für mehr Umweltgerechtigkeit angesprochen. Demnach gilt es, nach der Problemidentifikation und dem erbrachten Nachweis der Betroffenheit bestimmter sozialer Gruppen gemeinsam mit Stakeholdern den Problemzusammenhang aufzudecken und darauf aufbauend sozial-ökologische Lösungsansätze zu entwickeln.