Wissenschaft: Mehr Güter auf die Schiene!

Mit welchen Transportmitteln Güter befördert werden, ist ein wichtiger Baustein zur Erreichung der Ziele der Klima-, Energie- und Umweltpolitik sowie der Verkehrssicherheit und spielt eine entscheidende Rolle für den Wirtschaftsstandort Österreich. Der zunehmende Wettbewerb im Schienengüterverkehr und das Fehlen von fairen Wettbewerbsbedingungen zwischen Schiene und Straße (Sozialdumping, fehlende Kostenwahrheit etc.) stellen die Verlagerungsziele jedoch in Frage.  

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In der Diskussion betonte Herbert Kasser (Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, bmvit) die Vorreiterrolle Österreichs in der Frage der Kostenwahrheit. Ein Erfolg der Verkehrspolitik sieht Kasser auch darin, dass trotz Wirtschaftskrise der Modal Split von über 30 Prozent gehalten werden konnte. 

Aus der Sicht von Dirk Flege (Allianz pro Schiene, Deutschland) steht Österreich gut da, er wies jedoch in aller Deutlichkeit darauf hin, dass der Schlüssel für mehr Güter auf der Schiene in der Kostenwahrheit und damit in der Einpreisung von Umwelt- und Unfallfolgeschäden in die Lkw-Maut liegt.

Reinhard Bamberger (RCA, Railcargo Austria) erläuterte, dass die Rahmenbedingungen auf EU-Ebene entscheidend sind. Er arbeitete heraus, dass die Schiene als Verkehrsträger noch nachhaltiger und effizienter gestaltet werden muss, dazu bedürfe es einer Koalition aller Anbieter (EVU), Lieferanten und Kunden am Markt.

Aus dem Blickwinkel von Sebastian Kummer (WU Wien) ist es notwendig, vom Denken „Straße gegen Schiene“ weg zu kommen, notwendig sei vielmehr eine Güterverkehrsgesamtsystembetrachtung. Für Kummer liegt der mangelnde Marktanteil der Bahnen darin begründet, dass in Europa die schützenden Hände der Staaten zu einer zu geringen Marktorientierung der Bahnen beigetragen haben. Roman Hebenstreit  (Gewerkschaft vida) strich hervor, dass die Probleme der Güterbahnen und ihrer Beschäftigten nicht auf der Straße gelöst werden müssen. Es bedürfe endlich gerechter EU-Wettbewerbsbedingungen und die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten müssten verbessert werden. Wenn auf der Straße Lkw-Lenker bei einer 60-Stunden-Wochenarbeitszeit einen Bruttolohn von 600 Euro bekommen, geraten auch bei den Bahnen die Sozialstandards zunehmend unter Druck.

Sylvia Leodolter, Leiterin der Abteilung Umwelt und Verkehr der AK-Wien und Moderatorin der Veranstaltung, forderte gezielte Fördermaßnahmen von Bund und Ländern für den Ausbau von Güterterminals und Umschlagtechnologien sowie die Bindung der regionalen Wirtschaftsförderung an die Möglichkeit der Schienennutzung. Weiters verlangt die AK schärfere Kontrollen des Lkw-Verkehrs, um Lohn- und Sozialdumping zu bekämpfen, verbesserte, einheitliche Regelungen bei der Weiterbildung von Lkw-Lenkern, die eine Kostenentlastung für die Beschäftigten bringen, Nachtfahrverbote für Lkw in sensiblen Regionen und eine Anpassung der Grenzwerte für lärmarme Lkw an den aktuellen Stand der Technik.

Mehr zum Thema in den Nummern 51 und 52 der AK-Studienreihe „Verkehr und Infrastruktur“