Interview mit NAbg. Josef Muchitsch: Beschäftigung mit Klimainvestitionen schaffen
Wie sind die Bauwirtschaft und ihre Beschäftigten von der Corona-Krise betroffen?
Der Lockdown war für uns alle schlimm. Einerseits verkündete der Bundeskanzler „Bitte zu Hause bleiben“ – andererseits wurden Bauarbeiter gezwungen, ohne Schutzmaßnahmen, dicht gedrängt in Firmenbussen anzureisen und auf Baustellen zu arbeiten. Es ist uns rasch auf Bausozialpartnerebene gelungen, Maßnahmen in Form eines 8-Punktekataloges für den bestmöglichen Schutz der Gesundheit der Beschäftigten in Betrieben und auf Baustellen zu erarbeiten. Die Infektionszahlen konnten dadurch gering gehalten werden. Es gilt aber weiterhin größte Vorsicht und die verordneten Schutzmaßnahmen müssen noch immer eingehalten werden. Seit Mai werden nun die Aufträge aus dem Vorjahr kontinuierlich abgearbeitet, aber Folgeaufträge für das Frühjahr 2021 fehlen.
Welche Maßnahmen sind jetzt besonders wichtig, um Arbeitsplätze zu schaffen und zu erhalten?
Wir brauchen dringend große und effektive Konjunkturpakete im öffentlichen Einflussbereich. Jetzt müssen die Gemeinden, als größter öffentlicher Auftraggeber, durch die Bundesregierung wesentlich stärker finanziell unterstützt werden. Des Weiteren brauchen wir schnellere Vergabepraktiken, damit sich zukünftige Aufträge schneller und positiv auf die Beschäftigung auswirken. Es fehlen auch schnelle und effiziente Anreize, um privates Kapital in Bewegung zu bringen, um Investitionen und somit Beschäftigung auszulösen. Sowohl die SPÖ wie auch die Sozialpartner haben der Bundesregierung dazu bereits vor Wochen zahlreiche Vorschläge vorgelegt.
Wie kann die Bauwirtschaft zum Klimaschutz beitragen, was muss die Regierung dafür tun?
Wir haben jetzt eine Riesenchance, über gezielte und gute Förderungen endlich eine Sanierungsrate von 3 Prozent zu erreichen. Nicht nur in der Sanierung, auch im Neubau gilt es den Wohnbau in Österreich verpflichtend klimafit zu machen. Wenn uns Klimaschutz auch im Gebäudebereich wichtig ist, dann muss im Winter weniger geheizt und im Sommer weniger gekühlt werden. Das muss durch innovative klimaschonende Bauweisen gefördert werden.
Auch im Ausbau der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur, dem Ausbau von Radwegenetzen bis hin zu notwenigen Sanierungen von Straßen gibt es ein riesiges Potenzial an zusätzlicher Beschäftigung und für den Klimaschutz. Alle unsere Vorschläge liegen ausgearbeitet auf dem Tisch – leider fehlt es am Willen der Regierung, diese auch umzusetzen.
Was ist notwendig, damit der soziale Wohnbau ausreichend leistbaren Wohnraum schaffen kann?
Wie immer – ausreichende günstige Mittel, leistbare Grundstücke, eine realisierbare Nachverdichtung und bestehenden leeren Wohnraum leistbar bewohnbar zu machen. Auch hier fehlt es am politischen Willen der Bundesregierung.
Gerade in der Corona-Krise muss die Zweckbindung der Wohnbauförderungsmittel samt Rückflüssen umgesetzt und die fertige Wohnbaubank mit günstigen Mitteln für gemeinnützige und private Wohnbauträger per Gesetz beschlossen werden.