Kontroverse: Kann eine Vermögenssteuer die Krise entschärfen?
Pro: Eine Millionärssteuer bringt einen gerechten Beitrag jener, die es sich leisten können.
Die hohen Kosten der Corona-Krisenbewältigung und notwendige Investitionen in Sozialstaat, Arbeit und Umwelt stellen eine Herausforderung für den Staatshaushalt dar. Arbeitnehmer*innen haben während der Krise viel auf sich nehmen müssen, sie dürfen nun nicht die budgetären Kosten alleine schultern. Genau das passiert aber, wenn (a) der Sozialstaat kaputtgespart wird, (b) die Finanzierung ausschließlich aus dem allgemeinen Steuertopf, der zurzeit zu 80 Prozent von ihren Beiträgen getragen wird, aufgebracht wird oder (c) sie noch höhere Steuerbeiträge (Stichwort: Ökosteuern zur Krisenfinanzierung) abliefern müssen. Beiträge von Millionenvermögen sollten deshalb wesentlicher Teil der Krisenfinanzierung sein, damit nicht nach der Corona-Welle eine Kürzungswelle über die arbeitenden Menschen rollt.
Aber auch volkswirtschaftlich gibt es gute Gründe für höhere Beiträge von Millionenvermögen. Studien belegen, dass Steuerstrukturreformen mit mehr Vermögensteuern positive Effekte für Wachstum und Beschäftigung bringen – das wäre aktuell besonders förderlich. Und Österreich hat ohnehin Nachholbedarf bei Vermögensteuern. Der Aufkommensvergleich verweist uns regelmäßig an die letzten Plätze der OECD-Länder. Internationale Institutionen empfehlen uns seit vielen Jahren eine wachstumsfreundliche Umstrukturierung des Steuersystems mit höheren Vermögensbeiträgen und geringeren Arbeitsabgaben. Hinzu kommt: die Vermögenskonzentration ist hierzulande besonders groß, so dass bei einem Freibetrag von 1 Mio. Euro weniger als die 5 reichsten Prozent der Haushalte betroffen wären. Kapitalgesellschaften wären gar nicht betroffen, denn nur natürliche Personen würden der Steuerpflicht unterliegen. Außerdem zeigen Umfragen, dass es in der Bevölkerung große Zustimmung für eine Millionärssteuer gibt.
Con: Jetzt eine Vermögenssteuer vom Mittelstand zu fordern ist eine schlechte Idee zum schlechtesten Zeitpunkt.
Der Staat nimmt zurzeit sehr viel Geld in die Hand, um zu helfen. Zu verdanken ist dies dem Mittelstand und den Besserverdienern in diesem Land, welche Jahr für Jahr den weitaus höchsten Beitrag in die Steuerkasse leisten. In diesem Sinne wurde bereits ein wesentlicher Solidaritätsbeitrag für die Bewältigung dieser Krise als Vorleistung erbracht.
Eine Vermögenssteuer würde das Grundproblem der dringend benötigten neuen Arbeitsplätze nicht lösen. Im Gegenteil dazu würde sie sogar in dieser entscheidenden Phase die Investitionskraft der Wirtschaft schwächen. Denn jetzt wo Firmen Verluste machen, würde die Vermögenssteuer auch noch die Substanz belasten. Für Investitionen steht dadurch noch weniger zur Verfügung. Zudem würde die Einführung einer Vermögenssteuer generell die Fähigkeit schwächen, wirtschaftliche Krisen zu bewältigen. Wer für schlechte Zeiten gespart hat und nun die so wichtigen Arbeitsplätze aufrechterhalten kann, würde auch noch dafür bestraft werden. Kann das tatsächlich das Ziel sein?
Eine Vermögenssteuer würde besonders die vielen Familienunternehmen treffen, die überdurchschnittlich viele Arbeitsplätze schaffen und besonders standorttreu sind. Auch in diesem Jahr wird die progressive Ausgestaltung der Einkommensteuer dafür sorgen, dass vor allem die Gutverdienenden sehr viel mehr Steuern zahlen werden als der Rest. Das ist im Sinne der Solidarität absolut richtig so. Den hunderttausenden Arbeitslosen in diesem Land wäre durch eine Verbesserung von Investitionsanreizen nachhaltig mehr geholfen als durch eine völlig überflüssige Neiddebatte.