Schwerpunkt

Wachsende Ostregion

Umweltauswirkungen

Gesundheitsgefährdend sind vor allem Stickoxyde (NOX) der Lkw und der Diesel-Pkw. Trotz Fortschritten in der Filtertechnik (kontinuierliche Verschärfung der EURO-Abgasnormen) ist beim Dieselantrieb der tatsächliche Ausstoß von NOX nach wie vor sehr hoch. Zwischen den von der Typprüfung zu erwartenden Emissionen und den tatsächlich im Realbetrieb auftretenden Emissionen ist eine deutliche Diskrepanz festzustellen. Die Einführung neuer Emissionsstandards bei Pkw hat in den letzten 20 Jahren demgegenüber kaum zu einer Verbesserung des realen Emissionsverhaltens bei NOX geführt. Die Emissionsfaktoren zeigen von Euro 0 bis Euro 5, je nach Fahrsituation, teils sogar Zunahmen – und dies obwohl die Emissionsgrenzwerte massiv reduziert wurden. Grund hierfür sind die sogenannten „Off Cycle Emissions“, somit Emissionen aus Fahrsituationen, welche im realen Fahrbetrieb auftreten, jedoch vom gesetzlich vorgeschriebenen Testzyklus für die Fahrzeuge nicht abgedeckt werden. 

Zusätzlich hat sich bei den NO2-Emissionen und damit bei der Belastung der Umgebungsluft mit dem Reizgas NO2 ein weiterer Trend negativ bemerkbar gemacht, deren direkte Emissionen in der Gesamtflotte somit deutlich zugenommen haben. Wurden im Jahr 2000 noch etwa acht Prozent der NOX-Emissionen in Form von NO2 emittiert, so waren es 2013 schon etwa 30 Prozent. Die Belastung mit NO2 nimmt somit speziell an verkehrsnahen Standorten überproportional stark zu. 

Umweltsituation

Das Umweltbundesamt stellt  in seinem Jahresbericht der Luftgütemessungen in Österreich 2013 fest, dass viele Umweltqualitätsziele in den Bereichen Luft und Lärm in vielen 
Gebieten in Österreich nicht eingehalten werden. So wird der Grenzwert des Immissionsschutzgesetzes-Luft (IG-L) für den Jahresmittelwert von NO2 großflächig in Wien, aber auch in weiteren städtischen Gebieten sowie entlang von Autobahnen, überschritten. Hauptverursacher der erhöhten NO2-Belastung ist der Straßenverkehr, hier besonders Dieselfahrzeuge. Aber auch die nationalen Emissionshöchstmengen für NOX, die zur Verringerung der Versauerung und der Eutrophierung von Ökosystemen sowie der Belastung durch Ozon festgelegt wurden, werden in Österreich deutlich überschritten.

Der positive Ausblick: Mit der jüngsten Abgasnorm (Euro 6-Fahrzeuge) wird erstmals eine deutliche Absenkung der realen Fahrzeugemissionen erwartet. Bis zur weitgehenden Erneuerung der Flotte werden allerdings noch einige Jahre vergehen, weil das Durchschnittsalter der Pkw 10 Jahre beträgt. 

Schließlich ist auch der Verkehrslärm nach wie vor ein Problem für die Gesundheit vieler Menschen.

In Wien leben laut Umgebungslärm-Aktionsplan Österreich 2013 knapp 36 Prozent der Bevölkerung in Bereichen, in denen im Straßenverkehr der Grenzwert von 55db bei Tag und 43 Prozent, bei denen der Grenzwert von 45db bei Nacht nicht eingehalten wird.  

Die Emissionen von CO2 sind als Treibhausgas einer der wichtigsten Gründe für die Klimaerwärmung. Der Verkehrssektor trägt in Österreich gemäß Treibhausgas-Bilanz 2013 des Umweltbundesamtes mit 27 Prozent zu den Treibhausgas-Emissionen bei, Tendenz leicht steigend. Damit steht die Entwicklung der CO2-Emissionen in deutlichem Gegensatz zur umweltpolitischen Zielsetzung Österreichs, die Treibhausgas-Emissionen bis 2020 (bezogen auf 2005) um 16 Prozent zu reduzieren.

Auch bei CO2 ist der Ausblick jedoch besser als die aktuelle Situation. Die europäische Automobilindustrie wurde verpflichtet, den durchschnittlichen Flottenverbrauch an CO2 (vor allem durch geringeren Treibstoffverbrauch) deutlich zu reduzieren. So sind die durchschnittlichen CO2-Emissionen bei den Neuzulassungen seit 2008 von 158 g/km auf 131 g/km im Jahr 2013 gesunken. Auf Grund der Lebensdauer der Pkw wird sich auch bei den CO2-Emissionen diese Senkung erst längerfristig spürbar auswirken, so das CO2-Monitoring Pkw des Umweltbundesamtes.

Verkehrswachstum 

Gegenüber dem stürmischen Wachstum der 2000er Jahre, das das Verkehrsaufkommen in der Ostregion massiv gesteigert hat, ist seit der Finanzkrise nicht nur die Wirtschaft, sondern auch der Straßenverkehr nur mehr moderat gewachsen. Während allerdings der Straßengüterverkehr in der Ostregion derzeit das Niveau vor der Krise (2008) noch nicht ganz erreicht hat, liegt der Pkw-Verkehr laut Auswertung der Dauerzählstellen der ASFINAG rund sechs Prozent über diesem Jahr.  Ausnahme ist der Güterverkehr an Österreichs Ostgrenze. Im Ostverkehr hat das Gütervolumen auch in den letzten Jahren weiter zugenommen, sowohl auf der Straße als auch auf der Schiene (siehe Grafik Seite 20). 

Im Personenverkehr war die Verkehrsentwicklung schwächer als im Güterverkehr. Probleme liegen hier eher im hohen Anteil der privaten Pkw (motorisierter Individualverkehr – MIV). Da der öffentliche Verkehr in Summe weit geringere Schadstoffemissionen als der MIV verursacht, ist die Verkehrsmittelwahl (der Modal Split) demnach höchst umweltrelevant. Im Vergleich des Modal Split der Bundesländer schneidet Wien deutlich besser ab. 

Der Anteil der Wiener Bevölkerung im Umweltverbund, das ist die Summe aus zu Fuß gehen, Radfahren und öffentlichem Verkehr (ÖV), hat sich in den letzten Jahren von 66 Prozent auf beachtliche 75 Prozent erhöht. Die letzte verfügbare Erhebung aus Niederösterreich zeigt einen Anteil des Umweltverbunds von lediglich 36 Prozent; 64 Prozent nutzen den Pkw (Daten jeweils Werktag). 

Wirkungen von Maßnahmen

Erfreulich ist, dass der Schienenpersonenverkehr in Österreich in den letzten Jahren stärker als bisher zugenommen hat (von 2008 bis 2014 um 16 Prozent). Einen wesentlichen Anteil an den Steigerungen hat der Ausbau der Schiene der letzten Jahre. Mit der Inbetriebnahme der neuen Westbahnstrecke Ende 2012, die eine deutliche Verkürzung der Fahrzeit und mehr Angebot brachte, haben die Fahrgastzahlen um 45 Prozent zugenommen (Bestandsstrecke und neue Westbahnstrecke zusammen, 2008 – 2014), während gleichzeitig der Straßenverkehr auf der A1 leicht abgenommen hat. In Wien haben die verbilligte Netzkarte und der ÖV-Ausbau den Anteil des ÖV deutlich steigern können. Alleine mit der U2-Verlängerung in den 22. Bezirk nahmen die ÖV-Nutzer im 22. Wiener Gemeindebezirk in nur einem Jahr um 20 Prozent zu.

Nicht nur die Attraktivierung des ÖV, sondern auch verkehrsorganisatorische Maßnahmen haben zu diesem Erfolg beigetragen: die Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung auf die westlichen Gemeindebezirke Wiens, die Schaffung von mehr Raum für FußgängerInnen und RadfahrerInnen, wie z.B. die Verkehrsberuhigung der Mariahilfer Straße. Unterstützt wird diese Entwicklung durch einen Wertewandel, insbesondere bei jungen Menschen im urbanen Bereich, für die der Besitz eines eigenen Pkw nicht mehr zum Standard gehört. 

Allerdings ist die Ausgangslage für einen hohen Anteil des Umweltverbunds in der Stadt deutlich günstiger als in der ländlichen Region. Vor allem ist die Abhängigkeit der Verkehrsmittelnutzung von der Siedlungsdichte enorm. Hohe Siedlungsdichten verringern die Distanzen, erleichtern die Nahversorgung, ermöglichen ein dichtes ÖV-Angebot und erschweren den Gebrauch des Pkw, weil wenig Parkraum zur Verfügung steht. Hohe Siedlungsdichten sind damit gut für das zu Fuß gehen, das Radfahren und die Nutzung des ÖV. Niedrige Dichten wie in Einfamilienhausgebieten fördern hingegen den Pkw-Gebrauch. Hier wäre ein Bereich für die Raumplanung, stärker als bisher einzugreifen: den Ausbau von Einkaufszentren auf der grünen Wiese zu unterbinden, die Nahversorgung zu stärken und mit Wohnbaugeldern nur mehr dichte Siedlungsformen zu fördern.

Die Reduzierung von Straßenverkehr in der Stadt hat auch eine soziale Komponente. BewohnerInnen an Hauptverkehrswegen in der Stadt sind auf Grund ihrer geringen Einkommen oft gezwungen, in unattraktiven Lagen zu wohnen. Während diese BewohnerInnen in hohen Siedlungsdichten wohnen und damit selber wenig Emissionen verursachen, leiden sie vor allem an jenem Verkehr, der zu einem hohen Anteil von BewohnerInnen des Stadtrands und der ländlichen Region verursacht werden.

In diesem Licht erscheint es an der Zeit, die Förderung von Wohnraum stärker an Mindestanforderungen an Lage und Dichte zu knüpfen. Auch die stärkere Besteuerung des knappen Guts Umwelt kann die Umweltsituation wesentlich verbessern und langfristig eine ressourcenschonende und sozial gerechtere Gesellschaft ermöglichen.