Wirtschaft & Umwelt - Zeitschrift für Umweltpolitik und Nachhaltigkeit

Kontroverse: Moderne Pkw – generell weniger Abgase?

Pro: Trotz steigendem Pkw-Bestand geht die Schadstoffbelastung in Österreich zurück.

Immer mehr Autos – immer mehr Luftschadstoffe: Dieser Automatismus gilt heute nicht mehr. Unsere Autos stoßen immer weniger Schadstoffe aus. Grund für diese Entwicklung: Die gesetzlichen Maßnahmen gegen die Luftverschmutzung wirken. 

Eine wissenschaftliche Analyse der TU Wien zeigt: Bei den Luftschadstoffen Kohlenmonoxid und Kohlenwasserstoffen ist die Emissionsproblematik durch Pkw weitgehend gelöst und dies, obwohl seit 1980 die Anzahl der Pkw von 2,2 auf 4,6  Millionen stieg.

Die Kohlenmonoxid-Emissionen sanken von 1980 bis heute um rund 94 Prozent, bei Kohlenwasserstoffen wurde von 1980 bis heute eine Reduktion um 95 Prozent erreicht. Die Abgasvorschriften Euro 5 und  6 lösen Probleme bei Feinstaub und Stickstoffoxid weitgehend.

Beim Feinstaub war der Pkw 1990 für 7,8 Prozent (2.600 Tonnen) der Emissionen verantwortlich. Heute sind es 3,6 Prozent (950 Tonnen) und das trotz mehr als 30-fachem Diesel-Pkw-Bestand.

Auch bei den Stickstoffoxid-Emissionen aus dem Pkw-Verkehr hat es in den vergangenen Jahren erhebliche Fortschritte gegeben. So stammten 1980  noch 29,9 Prozent (73.200 Tonnen) der Stickstoffoxid-Emissionen in Österreich aus dem Pkw-Verkehr, heute sind es 12,8 Prozent (16.600 Tonnen) – das ist eine Reduktion um 46 Prozent.

Mit der Euro 6 Abgasvorschrift werden diese Emissionsprobleme weiter entschärft. Seit dem 1. September 2014 gilt diese europaweit für die Typisierung und ist ab dem 1. September 2015 für alle neu zugelassenen Fahrzeuge bindend. Durch  neue Abgasreinigungssysteme wie DeNOx-Katalysatoren und SCR-Systeme (Selective Catalytic Reduction) werden die Stickstoffoxidwerte weiter reduziert.

Con: Durch viele Schlupflöcher werden moderne Pkw nicht automatisch abgasärmer.  

KäuferInnen von modernen Pkw haben nicht die 
Gewissheit, dass diese in Sachen Luftverschmutzung  „besser fahren“. Neue Pkw können sogar schädlicher 
für die Umwelt und Gesundheit sein als alte Fahrzeuge. 

Gründe dafür sind Schlupflöcher und wenig zielführende Messvorgaben in EU-Zulassungsvorschriften. Denn: Für die Zulassung von Autos ist entscheidend, was und wie gemessen wird. Und Messkriterien sowie 
Prüfzyklen werden dank personell ausgedünnter Behörden zunehmend von industrienahen Kreisen 
bestimmt. Für Umwelt und Gesundheit ist aber entscheidend, was beim Auto wirklich „hinten rauskommt“.

So sind moderne Diesel-Pkw mit Abgasnorm Euro-6 bei NOx-Emissionen um keinen Deut besser als alte Pkw (Euro 4 und 5), wenn im realen Fahrbetrieb gemessen wird.  Im Unterschied zu alten Fahrzeugen verursachen diese aber sogar direkt giftiges Stickstoffdioxid (NO2), weil Autohersteller schlicht keinen Grenzwert einhalten müssen. Die Folgen sind aus dem „Umweltzonen-Management“ (z.B. Tempo 100 auf der Autobahn) leidlich bekannt, weil die Umgebungsluft sehr wohl einen NO2-Grenzwert kennt.

Aber auch die neuen Benzin-Pkw stoßen Dank Motoren mit Direkteinspritzung ein Vielfaches an ultrafeinen und noch gefährlicheren Partikeln als alte Pkw aus, weil diese noch immer ohne Partikelfilter zugelassen werden können. Wie lange und ob überhaupt Filter funktionieren, weiß ohnedies niemand. Die offizielle Haltung der Automobilindustrie ist auch unmissverständlich: vor 2021 will sie Grenzwerte im realen Fahrbetrieb nicht einhalten. Deswegen werden moderne Pkw nicht automatisch abgasärmer.