Schwerpunkt
Export von Umweltlasten
Interview: Ressourcenpolitik neu denken
Sie treten für einen neuen Zugang in der Ressourcenpolitik ein. Was ist Ihr Anliegen?
Fuhr: Ressourcenpolitik sucht nach Antworten auf drei zentrale Fragen: Wem gehören unsere natürlichen Ressourcen? Wer kontrolliert den Zugang? Wie teilen wir sie gerecht? In diesem Sinne stellt Ressourcenpolitik eine analytische Sichtweise dar, aber auch eine Grundlage für Handlungsstrategien. Es geht um Konflikte über Ressourcennutzung als komplexes Bündel an Interaktionen zwischen Natur, Menschen, Interessen, Machtverhältnissen und Kulturen. Wir sehen einen Dreiklang aus planetarischen Grenzen, Menschenrechten und Demokratie, die untrennbar zusammen gehören, wenn wir nach Lösungen aus den gegenwärtigen Krisen suchen.
Was war Inhalt des Dialogprozesses zum Projekt „Gerechtigkeit gestalten – Ressourcenpolitik für eine faire Zukunft“?
Fuhr: „Ressourcengerechtigkeit in einer endlichen Welt“ war ein Schlüsselprojekt der Stiftung unter Beteiligung von 21 unserer 30 Auslandsbüros. Dabei ging es uns vor allem darum, Herausforderungen und Lösungen in Bezug auf fossile und mineralische Rohstoffe, Land, Wasser, Wald und Biodiversität miteinander und interdisziplinär zu diskutieren. Hierzu haben im Zeitraum Oktober 2012 bis Mai 2013 zehn Zukunftswerkstätten mit jungen Menschen aus 27 Ländern stattgefunden.
Was war das Ergebnis?
Fuhr: Im Anschluss an den Ressourcengipfel im September 2013 in Berlin wurde unter Beteiligung der Delegierten der Zukunftswerkstätten, einem international zusammengesetzten Fachbeirat und den Mitarbeitenden der Heinrich-Böll-Stiftung ein Memorandum ausgearbeitet: Dieses beschreibt konkrete Leitplanken für regionale und lokale Strategien für mehr Ressourcengerechtigkeit: Erstens wollen wir Menschen dazu befähigen, ihre Rechte einzufordern. Zweitens geht es uns um eine Eindämmung von Machtkonzentration und darum, die Kontrolle über natürliche Ressourcen, Finanzkapital und Technologien wieder zu erlangen. Drittens bedarf es aus unserer Sicht einer Transformation unserer Produktions- und Konsummuster im Sinne einer globalen sozial-ökologischen Gerechtigkeit.
Wird es eine Fortsetzung geben? Wie soll es weiter gehen?
Fuhr: Das Memorandum ist Grundlage unserer ressourcenpolitischen Arbeit überall auf der Welt. Teilweise sind Netzwerke entstanden, mit denen die Stiftung heute noch intensiv zusammenarbeitet, so z.B. in Brasilien. In anderen Ländern war das Memorandum Ausgangspunkt für erste strategische Planungen. Das Memorandum hat viel positive Resonanz bekommen und Debatten angeregt. Ich war zum Beispiel selber Ende Februar in Marokko, wo eine Kommission im Auftrag des Königs an einem großen Bericht über den Reichtum des Landes arbeitet und sich auf Basis des Memorandums von der Heinrich-Böll-Stiftung bezüglich Ressourcengerechtigkeit beraten lassen wollte.