Schwerpunkt

Verteilungsgerechtigkeit

Hitze trifft nicht alle gleich!

Die Auswirkungen der Klimakrise treffen nicht alle gleich. Dies wird zunächst allein schon daran deutlich, dass nicht alle Menschen im selben Maße unter der Hitze leiden müssen. Hitzewellen werden in Österreich häufiger, länger und intensiver. Einige Gruppen können der Hitzebelastung kaum mehr entkommen. Eine aktuelle Auswertung von Statistik Austria im Auftrag der AK Wien zeigt: Wie stark Menschen unter Hitze leiden, hängt eng mit Einkommen, Alter, Geschlecht und Wohnsituation zusammen. Wer wenig verdient, weiblich oder jung ist und wer zur Miete lebt, spürt die Belastung besonders deutlich. Auch die Belastungen am Arbeitsplatz treffen einige deutlich härter als andere.

Hitzewellen werden immer häufiger und heißer

Die weltweiten Durchschnittstemperaturen steigen stetig an. 2024 war das erste Kalenderjahr, in dem die globale Durchschnittstemperatur um 1,6 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau lag. Ohne ambitionierte Maßnahmen zur Eindämmung der Erderwärmung ist es wahrscheinlich, dass das Jahr 2024 den Beginn eines 20-Jahres-Zeitraums eingeläutet hat, in dem die durchschnittliche Erwärmung 1,5 Grad Celsius betragen wird und das niedrigere Pariser Klimaziel somit bereits verfehlt wird. Auch in Österreich war das Vorjahr das mit Abstand wärmste Jahr, die Temperatur lag im Durchschnitt 3,1 Grad Celsius über dem langjährigen Mittel. Durch die Klimakrise nehmen nicht nur die globalen Durchschnittstemperaturen zu, auch Hitzewellen werden immer häufiger, länger und heißer. Hitzewellen, die heute etwa alle zehn Jahre vorkommen, wären ohne die menschengemachten Klimaänderungen im Durchschnitt nur alle 50 Jahre aufgetreten und wären zudem rund 1,2 Grad Celsius kühler gewesen. 

Globale und lokale Durchschnittswerte sagen wenig darüber aus, wer im Alltag wie stark unter Hitze leidet. Statistik Austria hat für die AK Wien die Hitzebelastung nach Einkommensgruppen und weiteren Merkmalen ausgewertet. Seit 2019 wird im Mikrozensus erhoben, ob sich Menschen durch Hitze körperlich belastet fühlen. Für die Auswertung wurden die Befragten je nach verfügbarem Haushaltseinkommen in drei Gruppen eingeteilt:

Niedriges Einkommen: die untersten 20 Prozent

■ Mittleres Einkommen: die mittleren 60 Prozent

■ Hohes Einkommen: die obersten 20 Prozent

Fast die Hälfte der Bevölkerung (46,1 Prozent) fühlt sich bei Hitzewellen stark belastet. Besonders auffällig ist der Anstieg seit 2019. Während damals 13,1 Prozent eine sehr starke und 23,1 Prozent eine eher starke Belastung angaben, waren es im Jahr 2023 bereits 18,1 Prozent bzw. 28 Prozent. Die zunehmende Hitze der letzten Jahre schlägt sich also deutlich in der gefühlten körperlichen Belastung nieder. 

Menschen mit höherem Einkommen können sich der Hitze besser entziehen

Die Ergebnisse zeigen: Je niedriger das Einkommen, desto höher die Hitzebelastung. So fühlen sich unter Personen mit niedrigem Einkommen sogar mehr als die Hälfte sehr stark oder zumindest eher stark belastet, bei jenen mit mittlerem Einkommen sind es 46 Prozent und bei jenen mit hohem Einkommen 42,3 Prozent. Die Unterschiede sind vor allem auf die sehr starke Belastung zurückzuführen: Während sich fast jede 4. Person mit niedrigem Einkommen sehr stark hitzebelastet fühlt (23,5 Prozent), ist es bei den Personen mit hohem Einkommen nur knapp jede siebte (13,4 Prozent) – Personen mit niedrigem Einkommen sind also fast doppelt so oft stark belastet. Dies verdeutlicht die Ungerechtigkeit der Klimakrise: Am stärksten spüren ihre Folgen jene, die am wenigsten zu ihr beitragen. 

Frauen empfinden Hitzewellen deutlich stärker als Männer. Fast jede zweite Frau (49,6 Prozent) berichtet von „sehr starker“ oder „eher starker“ Belastung, während es bei den Männern 42,3 Prozent sind. Besonders betroffen sind Frauen mit niedrigem Einkommen: 54,5 Prozent von ihnen geben an, stark von Hitze belastet zu sein, während es in derselben Einkommensgruppe bei den Männern nur 45,4 Prozent sind. Mit steigendem Einkommen nimmt die Belastung sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen ab. 

Auch das Alter spielt eine wichtige Rolle: Jüngere Menschen empfinden Hitze deutlich belastender als ältere Menschen. Unter 30-Jährige berichten am häufigsten von starker Hitzebelastung, insbesondere bei geringem Einkommen (61,7 Prozent). Ältere Menschen geben die empfundene Belastung dagegen als deutlich geringer an. Nur rund 45,6 Prozent der über 60-Jährigen mit geringem Einkommen fühlen sich stark beeinträchtigt. Warum ältere Menschen Hitze seltener als körperlich anstrengend empfinden, muss noch genauer erforscht werden. Möglicherweise liegt es daran, dass sie Hitze aufgrund ihres eingeschränkten Temperaturempfindens weniger wahrnehmen oder häufiger in weniger dicht besiedelten und kühleren Gegenden leben.

Hitze am Arbeitsplatz und Wohnort

Das Wohnverhältnis spielt eine große Rolle bei der gefühlten Belastung durch Hitze. Die Daten von Statistik Austria belegen, dass Bewohner:innen die Hitze umso stärker empfinden, je mehr Wohnungen sich in einem Haus befinden. Am geringsten ist die Belastung in Einfamilienhäusern. Hier geben nur rund 40 Prozent der Befragten an, sich während Hitzewellen stark belastet zu fühlen. Zudem sind die Unterschiede nach Einkommen hier nur gering. Am stärksten ist die Hitzebelastung bei der Kombination von niedrigem Einkommen und Wohnen in einem dicht verbauten Gebiet mit überwiegend mehrgeschoßigen Häusern. Hier fühlen sich 56,8 Prozent der Menschen stark von Hitze belastet. Auch das Eigentumsverhältnis macht einen Unterschied: Mieter:innen berichten deutlich häufiger von Hitzebelastung (knapp über 50 Prozent) als Eigentümer:innen (40 Prozent).

Am Arbeitsplatz wird die Hitze ebenso zunehmend zum Problem – und einige spüren sie deutlich stärker als andere. Besonders stark der Hitze ausgeliefert sind Personen, die im Freien arbeiten, aber auch jene, die in schlecht isolierten und nicht gekühlten Räumlichkeiten arbeiten müssen. Kommt eine körperlich schwere Arbeit hinzu, steigt die Belastung noch einmal. Davon betroffen sind Berufsgruppen wie Bauarbeiter:innen oder Lieferant:innen, aber auch Personen in der Elementarpädagogik oder der mobilen Pflege. Letztere berichten davon, dass Kreislaufprobleme bis hin zum Kreislaufkollaps während Hitzewellen keine Seltenheit sind. Körperlich belastende Arbeit bei hohen Temperaturen, insbesondere über 30 Grad, kann ein ernsthaftes Gesundheitsrisiko darstellen und führt zu einer stark erhöhten Anzahl an Arbeitsunfällen. Während schon im Privaten der Schutz vor Hitze oft nur sehr begrenzt möglich ist, stellt sich der Handlungsspielraum am Arbeitsplatz für die Einzelnen noch eingeschränkter dar. Hier sind die Arbeitgeber:innen in der Verantwortung, für den Schutz ihrer Belegschaft zu sorgen – was allzu oft nur unzureichend passiert. 

Die ganze Studie steht hier zum Download zur Verfügung: Link