Editorial: Unser tägliches Gift 

Pestizide landen auf dem Teller, im Grund- und Trinkwasser, in der Atemluft, im Boden oder Körper von Tieren und Menschen, die damit arbeiten. Ob und wie sehr es dadurch zu Gesundheitsschäden beim Menschen oder zur Zerstörung der Vielfalt an Pflanzen und Tieren kommt, ist von der Dosis und der Art dieser schönfärberisch „Pflanzenschutzmittel“ genannten Substanzen abhängig. Pestizide sind spätestens seit der Mitte des 20. Jahrhunderts allgegenwärtig. Sie haben dazu beigetragen, dass die Erträge in der Landwirtschaft massiv gestiegen sind und die Arbeit auf Äckern und im Obst- und Gemüsebau leichter geworden ist. Sie sind Teil der industriellen Landwirtschaft, die heute fast den ganzen Erdball prägt. Die Bedenken vieler Menschen gegenüber Pestiziden nehmen jedoch zu. 2017 hat die europäische Bürgerinitiative „Stop Glyphosat“ mehr als eine Million Unterschriften aus 22 Mitgliedsstaaten erhalten. Und sie war erfolgreich, denn sie konnte Verbesserungen bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln erreichen. Das ist ein wichtiger Schritt, allerdings nur ein kleiner, denn das Problem ist mit einer strengeren Prüfung von neuen Pestiziden keinesfalls beseitigt. Nur eine radikale Verringerung des Einsatzes chemischer Stoffe in der Landwirtschaft und eine massive Ausweitung biologischer Bewirtschaftungsformen werden zu einer Entlastung der Umwelt führen und damit etwa das große Insektensterben stoppen. Die mächtigen Konzerne der Pestizidproduzenten wehren sich dagegen jedoch mit allen Mitteln. Immerhin geht es um einen riesigen Markt, an dem sie gut verdienen und den sie durch ihre Marktmacht auch im Bereich von Saatgut und Gentechnik weiter absichern. Und die Agrarlobby verharmlost und beschwichtigt. Wen kümmert es schon, dass mittlerweile in Frankreich Parkinson als durch Pestizide verursachte Berufskrankheit anerkannt ist, dass in China Obstbäume statt durch die ausgerotteten Bienen durch Menschen von Hand bestäubt werden müssen und dass auch hierzulande die Wasserversorger mit Pestizidrückständen immer mehr Probleme bekommen? Es sollte uns aber kümmern, denn „der Mensch ist, was er isst.“