AK-Studie: Umweltgerechtigkeit – Betroffenheit und Verhalten
Die Arbeiterkammer Wien bemüht sich seit einigen Jahren darum, die österreichische Diskussion zu Umweltgerechtigkeit bzw. zu Umweltbedingungen und Verteilungsfragen voranzubringen. Wir wollen zeigen, dass Einkommensungleichheit vielfach mit einer ebenso ungleichen Verteilung von Umweltbelastungen verbunden ist – und dass sich die Gruppen der von Umwelteinflüssen Betroffenen und der Verursacher von Umweltbelastungen nur teilweise überschneiden. Die nun veröffentlichte Studie von Statistik Austria ist ein weiterer Beitrag zu dieser Diskussion. Das Projekt schließt an den Bericht zu „Umweltbetroffenheit und -verhalten von Personengruppen abhängig von Einkommen und Kaufkraft“ aus dem Jahr 2014 an. Da die Einkommensinformationen aber nunmehr größtenteils direkt aus Verwaltungsdaten stammen, wurde die Datenvalidität erhöht. Erstmals wurden auch Äquivalenzeinkommen betrachtet und ein Fokus auf die Lage von Armutsgefährdeten gelegt.
Neben einer Einschätzung der Umweltqualität in Österreich, des vordringlichsten Umweltproblems, der persönlichen Lebensqualität oder der Relevanz von Wirtschaftswachstum für das eigene Wohlergehen werden im Mikrozensus Umwelt vor allem die subjektiv empfundene Beeinträchtigung durch Umwelteinflüsse (Lärm, Gerüche, Staub und Ruß) und das individuelle Umweltverhalten (ökologisches Einkaufsverhalten, Abfalltrennung, Verkehrsmittelwahl und Urlaubsreisen) erhoben.
Sichtbare Differenzen nach Einkommen
Die Analysen zeigen vielfach klare Unterschiede: Klimawandel und steigendes Verkehrsaufkommen werden von den ÖsterreicherInnen als vordringlichste Umweltprobleme wahrgenommen. Während aber armutsgefährdete Personen knapp den Verkehr als größtes Problem sehen, steht bei der einkommensstärksten Gruppe der Klimawandel deutlich an erster Stelle. Generell schätzen Armutsgefährdete die Umweltqualität in Österreich schlechter ein als alle anderen Gruppen. Während rund 60 Prozent der Personen im obersten Einkommensquintil ihre Lebensqualität mit „sehr gut“ beurteilen, gilt das nur für rund 40 Prozent in der Gruppe der armutsgefährdeten Personen. Einkommensabhängige Unterschiede zeigen sich auch bei der Betroffenheit durch Umweltbelastungen. Personen mit niedrigem Einkommen fühlen sich häufiger sehr stark oder stark durch Lärm beeinträchtigt. Eine Belastung durch Luftverunreinigungen wird von Personen mit niedrigem Einkommen ebenfalls häufiger empfunden. Deutliche Unterschiede zeigen sich auch beim Mobilitätsverhalten im Alltag. ÖsterreicherInnen mit hohem Einkommen sind nicht nur insgesamt mobiler. Sie geben auch häufiger als die anderen Gruppen an, für ihre täglichen Wege das Auto zu nutzen. Personen mit niedrigem Einkommen finden hingegen den öffentlichen Verkehr attraktiver, wobei die Einstellung offensichtlich stark mit dem Nutzungsverhalten zusammenhängt: Häufige ÖV-NutzerInnen stehen diesem generell positiver gegenüber.
Die empirische Evidenz soll die Arbeiterkammer nicht zuletzt bei ihrer Forderung nach einer ambitionierten Umwelt- und Klimapolitik unterstützen. Ziel dieser Politik muss sein, die Lage von Personen mit niedrigem Einkommen tendenziell zu verbessern, keinesfalls zu verschlechtern. Bei der Konkretisierung von Maßnahmen zur Bewältigung der Energie- und Mobilitätswende ist daher unbedingt auf soziale Gerechtigkeit zu achten.