Editorial: Dicke Landluft
Neben Trinkwasser zählt auch die Luft, die wir atmen, zu den absolut unersetzbaren Lebensgrundlagen. Wenn Luft, Wasser oder Böden mit Schadstoffen angereichert sind, hat das direkte und ernste gesundheitliche Folgen. Vor allem Luftschadstoffe sind aber nie nur ein regionales oder nationales Problem, die Atmosphäre der Erde kennt keine Staatsgrenzen. Maßnahmen zur Verringerung der Emissionen sind daher auch in Europa ein gemeinsames Anliegen. Auch wenn sich die Luftqualität in vielen europäischen Städten dank erfolgreicher Maßnahmen nicht mit jener in China oder Indien vergleichen lässt, sterben immer noch zu viele Menschen an den Folgen der Luftverschmutzung. Europäische Staaten müssen sich weiter intensiv bemühen, die Ursachen der Luftverschmutzung in ihrem Verantwortungsbereich zu beseitigen, die Belastung zu verringern. Österreich hat in den 1970-80er Jahren bei der Verringerung von Schwefeldioxidemissionen eine Vorreiterrolle gespielt. Mittlerweile ist aber das Image des Umweltmusterlandes zu einer Art Marketingstrategie verkommen, die über fehlende ambitionierte Maßnahmen und Klientelpolitik hinwegtäuschen soll. Wie sonst ist es zu erklären, dass Österreich bei der Festlegung von neuen Emissionshöchstgrenzen im Verein mit Ländern wie Bulgarien oder Rumänien gegen strengere Ziele stimmt und bei Ammoniak, das aus der Massentierhaltung kommt, sogar noch mehr als bisher emittieren will? Aber auch bei Stickoxiden und teilweise bei Feinstaub erfüllt Österreich bisher nicht einmal jene Ziele, zu denen es sich schon vor Jahren verpflichtet hat. Neben der Landwirtschaft ist der Verkehr dabei der Hauptverursacher. Dass Maßnahmen im Verkehr notwendig sind, ist allgemein bekannt. Aber das Märchen von der gesunden Landluft und der Landwirtschaft als Umweltschützerin hat sich fest in den Köpfen der ÖsterreicherInnen verankert und wird von Minister und Agrarlobby weiter genährt. Höchste Zeit aufzuwachen und die heilige Öko-Kuh Landwirtschaft realistisch zu sehen und bei der Luftreinhaltung in die Pflicht zu nehmen.