Interview: Nitrat im Trinkwasser: Schutz des Grundwassers vor Nitrat
Ist das Grundwasser derzeit gesetzlich vor dem Eintrag von Nitrat und Pestiziden geschützt?
Herlicska: Der Grundwasserschutz vor Nitrat und Pesitziden beruht auf dem Wasserrechtsgesetz und entsprechenden Verordnungen. Den Schutz vor Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen regelt das Nitrat-Aktionsprogramm auf Basis der EU-Nitratrichtlinie. Vor allem in Ostösterreich zeigen Nitrat-Grundwasserbelastungen, dass die vorhandenen Regelungen bislang einen nachhaltigen Grundwasserschutz nicht gewährleisten. Besonders das Nordburgenland kämpft vielfach mit hohen Nitrat-Belastungen, welche ein Problem für die Trinkwasserversorgung darstellen. Deshalb entschloss sich der Wasserleitungsverband Nördliches Burgenland (WLV) auf Basis eines fachlich und rechtlich umfassend ausgearbeiteten Gutachtens für eine Eingabe beim Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW), DI Andrä Rupprechter. Ziel: Änderung des Nitrat-Aktionsprogrammes zur Erreichung eines nachhaltigen Grundwasserschutzes.
Vor welchen Herausforderungen stehen Sie als öffentlicher Wasserversorger?
Herlicska: Durch vorhandene Belastungen sind zum Teil aufwändige Maßnahmen, wie Grundwasserneuerschließungen, eine Nitrataufbereitung (Kleylehof in Nickelsdorf) u.a. erforderlich, welche hohe Kosten verursachen. Auf Grund der klimatischen Situation und der damit in Zusammenhang stehenden geringen Grundwasserneubildung kommt es bei Stickstoffüberschüssen sehr schnell zu starken Erhöhungen der Nitratgehalte im Grundwasser. Der WLV gibt bestes Trinkwasser an seine Kunden ab, gleichzeitig bereiten uns jedoch die vorhandenen und zum Teil steigenden Nitrat-Belastungen des Grundwassers große Probleme.
Wo sehen Sie den vordringlichsten Handlungsbedarf?
Herlicska: Aus dem vorliegenden fachlich und rechtlich detailliert ausgearbeiteten Gutachten, welches gemeinsam vom WLV und der ÖVGW (Österreichischen Vereinigung für das Gas- und Wasserfach = Dachverband der Wasserversorger) in Auftrag gegeben wurde, geht eindeutig hervor, dass die derzeit in Österreich bestehenden Regelungen auch gegen EU-Recht verstoßen, und daher grundlegende Verschärfungen erforderlich sind. Die Kritikpunkte beziehen sich v.a. auf festgelegte Obergrenzen der Düngung, die u.a. klimatische Gegebenheiten nicht entsprechend berücksichtigen, die Dauer von Verbotszeiträumen betreffend Stickstoffdünger-Ausbringungen, die Lagerkapazität für Wirtschaftsdünger, die Ausbringung auf gefrorene Böden, die Lagerung von Wirtschaftsdüngern auf Ackerflächen, usw.
Was erhoffen Sie sich durch die Eingabe beim BMLFUW?
Herlicska: Das Nitrat-Aktionsprogramm wird 2016 überarbeitet. Wir sehen hier die Chance für maßgebliche Änderungen im Sinne eines nachhaltigen Grundwasserschutzes. Durch die Eingabe beim BMLFUW, die bereits detaillierte Verbesserungsvorschläge enthält, erwarten wir uns eine inhaltlich tatsächlich wesentlich verbesserte Novelle des Nitrat-Aktionsprogrammes. Nur so können wir langfristig eine qualitativ hochwertige Trinkwasserversorgung für die zukünftigen Generationen erhalten und verbessern.