Kommentar: Placebos unerwünscht!
Fährt unsereins mit kaputtem Auspuff durch die Gegend, zieht ihn die Polizei schnell aus dem Verkehr. Bringt jemand aber elf Millionen Pkw in Verkehr, schaut die Sache freilich anders aus. Herrn Burkhardt, seines Zeichens Bundesgremialobmann des heimischen Fahrzeughandels, gebührt Dank. Denn er brachte – auch nach dem Schuldeingeständnis des VW-Vorstandes – in einem KURIER-Interview auf den Punkt, was wirklich Sache in Europa und Österreich ist: „Das Ganze ist eine Placebo-Aktion zur Beruhigung der Gemüter. Weil durch das Update ändert sich im Fahrbetrieb nichts, das Auto fährt wie eh und je und stößt genauso viel aus wie früher und verbraucht auch genau so viel. Denn die Manipulation wirkt sich ja nur im Testverfahren aus, aber nicht im normalen Fahrbetrieb.“
Aus diesem Mund spricht eine Branche, die schlicht ein eindeutig gesetzwidriges Delikt ignorieren kann und mit dem Euphemismus „Update“ den Zielkonflikt zwischen Minimierung von Dieselverbrauch und Stickoxid-Ausstoß kaschieren will. Dass mit dem Update vielleicht auch die Gesundheit der anderen durch NOx-Emissionen auf dem Spiel steht, interessiert sowieso niemanden. „Too big to fail“ wurde leider vor gar nicht so langer Zeit bei einer anderen Wirtschaftsbranche festgestellt. Auch jetzt gilt es, die Lehren daraus zu ziehen und zuallererst einen Lobbyismus in die Schranken zu weisen, der in Brüssel und den Mitgliedstaaten noch jegliches Vorhaben zu Gesetzgebung und Kontrolle verhindert oder zumindest verwässert hat.
Die Automobilindustrie ist – nicht zuletzt als Wirtschaftsfaktor und Arbeitgeber – zu wichtig, um sie der Selbstkontrolle zu überlassen. Daher müssen auch öffentliche Verwaltungen in Europa wieder befähigt werden, effektive Kontrollen durchzuführen und Expertise für Problemlösungen zu entwickeln, die nicht alleine von der Autoindustrie kommen. Mit weiteren Placebos dagegen fährt Europa vollends gegen die Wand.