Kommentar: Umweltschutz dank Krise?
Auf den ersten Blick scheint zumindest die Umwelt von der Wirtschaftskrise zu profitieren. Während die CO2-Emissionen in den EU-Mitgliedstaaten vom Jahrtausendwechsel bis zum Ausbruch der großen Krise relativ konstant blieben, kam es im Rezessionsjahr 2009 erstmals zu einem deutlichen Rückgang und seither zu einer weitgehenden Stabilisierung auf niedrigerem Niveau. Die strukturell erzwungenen Produktions- und Konsumeinschränkungen dürften dem Klimaschutz also tatsächlich gedient haben. Die Auswirkungen auf den Umweltschutz insgesamt sind hingegen komplexer. Ein gutes Anschauungsbeispiel bietet Griechenland. Auch dort sind die CO2-Emissionen stark gesunken. Griechische WissenschaftlerInnen haben aber schon 2013 problematisiert, dass dieser kurzfristig positive Umwelteffekt der Krise – abseits der sozialen Not, die damit einhergeht – möglicherweise durch problematische Entwicklungen in anderen Umweltbereichen konterkariert wird. So unterminiert die Unterstützung von (privaten) Investitionen um jeden Preis tendenziell die Umweltverträglichkeitsprüfung. Öffentliche Investitionen in den Umweltschutz, die in Griechenland schon in den 1980er Jahren auf die Förderung von Wachstum und Beschäftigung abzielten, können angesichts des Spardiktats nicht mehr verfolgt werden. Zusätzlich steht durch die Einsparungen im öffentlichen Sektor immer weniger Personal für Umweltschutzmaßnahmen zur Verfügung. Und die auf Wunsch der Troika umgesetzten Maßnahmen zur Sanierung des Staatshaushalts enthielten auch Erhöhungen des – zuvor aus sozialpolitischen Gründen reduzierten – Steuersatzes auf Heizöl. Seither wird vermehrt Holz und notfalls auch sonstiges Material verheizt, was zu illegalem Holzeinschlag und einer wahrnehmbaren Verschlechterung der Luftqualität in den großen Städten führt.
Hinweis: Joseph N. Lekakis & Maria Kousis (2013): Economic Crisis, Troika and the Environment in Greece, South European Society and Politics 18/3, 305-331.