Interview: Hilft das EU-Selbstbestimmungsrecht?
Was bedeutet dieser Beschluss für den Anbau von GVO in Österreich?
Oberhauser: Es zeigt, dass die jahrelange Überzeugungsarbeit seitens Österreichs Früchte getragen hat. Wir haben alles daran gesetzt, einen Anbau von Gen-Pflanzen in unserem Land zu verhindern und jetzt wird es nach langjährigen und schwierigen Verhandlungen zwischen den Mitgliedstaaten dieses Selbstbestimmungsrecht beim Anbau geben bzw. wird es nun endlich auch so gesetzlich verankert, dass Rechtssicherheit für alle Betroffenen herrscht. Der auf EU-Ebene erzielte Kompromiss ist für mich auch deshalb von größter Bedeutung, weil Österreich unter der Federführung des Gesundheitsressorts Mitinitiator der Änderung dieser Richtlinie war und dafür jahrelang gekämpft hat. Österreich ist und bleibt dadurch weiterhin gentechnikfrei!
Im österreichischen Parlament wurde kritisiert, dass es kein EU-weites Verbot beim Anbau von gentechnisch veränderten Organismen gibt. Inwiefern ist dieses Anliegen realistisch?
Oberhauser: Ein EU-weites Anbauverbot für gentechnisch veränderte Organismen wäre aus meiner Sicht sehr zu begrüßen. Das sieht auch die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung so. Ich sehe aber leider die Zeit für ein generelles EU-Verbot noch nicht gekommen, besonders vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussionen auf EU-Ebene rund um die Selbstbestimmung der Mitgliedstaaten. Bedenken Sie, dass es Jahre gedauert hat, um dieses Recht auf Selbstbestimmung mit den gentechnik-befürwortenden Staaten auszuhandeln.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat eine Überprüfung des EU-Zulassungsverfahrens bei GVO angekündigt. Künftig sollen die Bedenken der EU-Mitgliedstaaten viel stärker berücksichtigt werden. Wo gibt es hier Handlungs- und Verbesserungsbedarf?
Oberhauser: Sowohl mein Vorgänger Alois Stöger als auch ich haben in der Vergangenheit die bestehende Zulassungspraxis der Europäischen Kommission von gentechnisch veränderten Produkten wiederholt kritisiert. Daher sehe ich dieser Initiative von Kommissionspräsident Juncker mit Interesse und auch Hoffnung entgegen. Mir ist es ein besonderes Anliegen, dass durch eine Änderung der gesetzlichen Bestimmungen der Meinung der EU-Bevölkerungsmehrheit besser Rechnung getragen werden kann und nicht ausschließlich die Interessen der Gentechnik-befürwortenden Mitgliedsstaaten berücksichtigt werden.
Welche Vorschläge dazu gibt es aus österreichischer Sicht?
Oberhauser: Aktuell hält sich die Europäische Kommission diesbezüglich sehr bedeckt und wir wissen nicht, in welche Richtung der angekündigte Vorschlag gehen soll. Ich sehe die Initiative von Juncker als Teil eines Gesamtpakets und wünsche mir, dass es rasch Leitlinien und Guidance-Dokumente für die Umweltrisikobewertung gibt. Weiters müssen klarerweise unsere hohen Standards erhalten bleiben.
Gentechnik ist auch bei TTIP ein sensibles Thema. Wie ist Ihre Position dazu?
Oberhauser: Ich sehe es als DIE wesentliche Grundbedingung an, dass in den Verhandlungen unser Recht auf das selbstbestimmte Schutzniveau und das Vorsorgeprinzip in Bezug auf regulatorische Maßnahmen von den USA anerkannt und dementsprechend in einem möglichen Abkommen verankert wird.