Interview: Klagerechte für NGOs
„Warum tun sich Länder wie Österreich und Deutschland so schwer damit?
Klinger: Das erklärt sich aus der Geschichte. Deutschland, Österreich und auch Tschechien folgen seit den Kaiserreichen einer Tradition des subjektiven Rechtsschutzes. Klagen kann also nur derjenige, der in seinen Rechten verletzt sein kann. Von diesem Dogma abzuweichen, fällt vielen Juristen schwer. Es macht es den Gerichten auch leichter, Klagen abzuweisen. Denn man kann einen Fall relativ schnell beenden, wenn der Kläger kein subjektives Recht geltend machen kann.
Wie ist das in anderen Ländern, etwa in Frankreich geregelt? Was sind die Erfahrungen?
Klinger: Frankreich und die meisten anderen EU-Länder folgen dem Prinzip der Interessentenklage. Man muss also nur ein weit verstandenes „Interesse“ an der Sache geltend machen. Der EuGH sieht das ebenso. Verwaltungshandeln wird dadurch stärker überprüfbar.
Was sind die Erfahrungen in Deutschland mit den bestehenden Klagerechten? Was kann man daraus ableiten?
Klinger: In Deutschland wurden die Klagerechte der Umweltverbände Schritt für Schritt erweitert. Das ist die Folge der Aarhus-Konvention, auch Österreich wird sich dem nicht entziehen können. Mein Eindruck ist, dass viele deutsche Behörden nun kritischer mit Bauanträgen umgehen, wenn sie sehen, dass sich ein klagebefugter Umweltverband mit der Sache beschäftigt. Die Zahl der Klagen ist gleichwohl nicht sehr hoch. Es sind etwa 50 Klagen pro Jahr in Deutschland. Davon hat die Hälfte Erfolg. Rechnet man dies auf Österreich um, sind es weniger als zehn Klagen pro Jahr. Das bringt Österreichs Wirtschaft nicht um und zeigt, dass man das Recht ernst nimmt.