Kommentar: Planloses Rüsten – Planlose Außenpolitik

Der Überfall Russlands auf die Ukraine hat begreifliche Verunsicherung ausgelöst. Die EU unterstützt nicht nur die ukrainischen Kriegs­anstrengungen, sondern will durch ihr Programm „ReArm Europe“ erreichen, dass die Mitgliedsstaaten bis 2030 ungeheure 800 Milliarden Euro ins Militär investieren. Österreich ist Musterschüler: Kein neutraler Staat gibt, gemessen am BIP, so viel Geld fürs Militär aus wie die Alpenrepublik. Und es soll noch deutlich mehr werden. Bis 2032 sollen die Verteidigungsausgaben um 1,2 Prozent des BIP gesteigert werden. Das wäre die dritthöchste Ausgabensteigerung aller EU-Staaten. Zudem soll der Wehrdienst verlängert werden. Bezeichnend für die soziale Dimension ist, dass der aktuelle Entwurf der Wehrdienstkommission die Möglichkeit vorsieht, sich vom Wehrdienst freizukaufen. 

Außen- und sicherheitspolitisch ist all das ohnehin seltsam entrückt. Österreich ist von NATO-Staaten und Neutralen umgeben. Jeder Angriff auf ein NATO-Mitglied würde die Beistandspflicht des Bündnisses aktivieren. Eine konventionelle Bedrohung ist somit kurz- und mittelfristig nicht zu erkennen. Worauf bereitet sich das Bundesheer also vor und wie ist das mit der aktuellen Ausgabenorgie in Einklang zu bringen? Seit der Rechnungshof im Jahr 2022 die intransparente Beschaffungspolitik des Verteidigungsministeriums scharf gerügt hat, ist diese weder zielgerichteter noch nachvollziehbarer geworden. Und die Neutralität? Wie die Historikerin Lucile Dreidemy unlängst zu Recht bemerkte, kann an deren Potenzialen kein Zweifel herrschen – nutzen kann man diese aber nur, wenn man Energie in ein schlüssiges Konzept investiert. Davon ist aktuell freilich nichts zu sehen