Kommunikation

Eine Grüne Revolution

Umbau  

Michael Soder ist Universitätslehrer und AK-Experte für Industriepolitik. Jetzt hat er ein Buch vorgelegt, in dem er seine Konzeption einer Wirtschaftspolitik umreißt, die die mehrfachen Krisen der Gegenwart überwindet. Er strukturiert die Darstellung nach einer psychologischen Theorie zur Bewältigung von Krisen: von der Angst über die Verunsicherung zur Hoffnung. In diesen drei Teilen widmen sich die Kapitel etwa der Arbeitsmarktpolitik und Qualifikation, der Rolle von Innovation, staatlicher Investitionstätigkeit sowie Finanzierungsfragen. Das Ausmaß der nötigen Veränderung zur Bewältigung der Krisen stellt der Autor in eine Reihe mit der Industriellen Revolution. Etwas unklar bleibt allerdings, was das Revolutionäre an der Grünen Revolution ist. Das politische Subjekt seiner Analyse ist das „Wir“, denn alle müssten sich bemühen, um die Krise zu überwinden. Soder erweist sich als klarer Befürworter einer grünen Wachstumsstrategie, in der es einem planenden Staat gelingt, den Kapitalismus einzubetten. Für ihn ist „ein grüner Kapitalismus […] ein mächtiger Partner, um den Wandel unserer Produktionssysteme zu beschleunigen.“ So bietet das Buch interessante Denkanstöße für eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Thema. CS

Eine Grüne Revolution 

Michael Soder

ÖGB-Verlag (2024)

Besser essen und Tierschutz 

Ernährung  

Ein Plädoyer für die Abschaffung der Tierindustrie – das ist unter anderem das aktuelle Buch von Friederike Schmitz „Anders satt“. Ebenso ein Werk voller Fakten, Zahlen und klarer Argumente für ein Ernährungssystem innerhalb planetarer Grenzen. Denn neben einer Mobilitäts- und einer Energiewende brauchen wir im Kampf gegen die Klimakrise vor allem auch eine Ernährungswende. Warum diese so schwierig ist, welche Herausforderungen es gibt, wie unser heutiges Ernährungsverhalten die Klimakrise anheizt und wie eine solche komplexe Transformation unseres Ernährungssystems gelingen kann, zeigt Friederike Schmitz in ihrem neuesten Buch „Anders satt“ auf. Der Weg ist klar: hin zu einem nährstofforientierten und pflanzenbasierten Ernährungssystem. Und klar ist für Schmitz auch, dass wir alle – Mensch, Tier und Klima – dabei nur gewinnen können. LK

Anders satt – Wie der Ausstieg aus der Tierindustrie gelingt

Friederike Schmitz

ventil verlag (2022) 

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Erster Mitmach-Supermarkt in Wien Meidling

Konsum  

Dank erfolgreichem Crowdfunding eröffnet im Frühjahr 2025 MILA, ein genossenschaftlich organisierter Supermarkt mit Vollsortiment, der über die marktüblichen Öffnungszeiten verfügen wird. Der Markt gehört allen Mitgliedern gemeinsam, die einen einmaligen und sozial gestaffelten Genossenschaftsanteil zwischen 20 und 180 Euro zahlen. Auf die Waren wird ein transparenter, fester Aufschlag von 30 Prozent auf den Einkaufspreis erhoben. MILA setzt bei seinen biologischen, regionalen und saisonalen Produkten auf Fairness und enge Zusammenarbeit mit den Produzent:innen. Einen Vorgeschmack bietet bereits seit September 2024 ein Minimarkt in der Vivenotgasse 29 in Wien Meidling. FJ

Infos unter: www.mila.wien

Karten schaffen Übersicht

Kampf ums Klima  

Luisa Neubauer, eine der führenden Persönlichkeiten der deutschen „Friday for Future“-Bewegung, hat sich mit dem „Zeit Online“-Redakteur Christian Endt und dem Grafiker Ole Häntzschel zusammengetan, um den jetzt vorliegenden Klimaatlas zu gestalten. Da zum Klimawandel schon viel bekannt ist und die Diskussion darüber oft polarisiert, beschreiten die Autor:innen nun einen anderen Weg: In 80 Karten und Infografiken werden – teilweise – überraschende Daten und Zahlen präsentiert und neue Sichtweisen eröffnet. Abstraktes Wissen wird so greifbar und verständlich gemacht. Zwei Beispiele: Im Deutschen Bundestag wird zehnmal häufiger über technische CO2-Speicherung (CCS) gesprochen als über den Erhalt von Mooren. In Mooren wird aber weltweit rund 50.000 Mal mehr CO2 gespeichert als in allen bestehenden CCS-Anlagen zusammen. Oder: Wie klimafreundlich sind Superheld:innen Batman, James Bond, Pippi Langstrumpf, Robin Hood, Albus Dumbledore? HH

Der Klimaatlas – 
80 Karten für die Welt von morgen

Luisa Neubauer, Christian Endt & 
Ole Häntzschel

Rowohlt (2024)

Autofahren bis zum Ende der Welt

Benzin im Blut  

Der Vater des promovierten Philosophen und Künstlers Kilian Jörg war Motorjournalist. Schon als Kind wurde Jörg somit in den neuesten Schlitten herumkutschiert. Diese Erfahrungen gingen aber für die Automobilindustrie eher nach hinten los. Heute fragt sich der Autor nämlich, wie es sein kann, dass uns die Automobilität kulturell so fest im Klammergriff hält. In seinem gut lesbaren und ungemein kenntnisreichen Buch (dem vielleicht ein paar Querverweise weniger gutgetan hätten) wird die Bedeutung des Autos vom Comic Strip bis zum Hip-Hop analysiert. Die brennende Frage, die als philosophische Grundlagenforschung über die Bedingung der Möglichkeit einer ökologischen Transformation betrachtet werden darf: Wie kann die furchterregende Hinnahme der immer offenkundigeren Klimakatastrophe überwunden werden? Die Autos können doch nicht wichtiger sein als unser Überleben! Ähnlich wie Bifo Berardi oder Mark Fisher arbeitet sich Kilian Jörg durch die Phänomene einer stillstehenden Moderne, die keine tiefgreifenden Neuerungen mehr zu erlaubten scheint. Wenn wir die letzten Meter vor dem Abgrund nicht mit einer weiteren Autobahn zubetonieren wollen, dann müssen jetzt wohl utopische Änderungen her. Dieses Buch hilft bei der Suche danach. FJ   

Das Auto und die ökologische Katastrophe – Utopische Auswege aus der autodestruktiven Vernunft 

Kilian Jörg

transcript (2024)

Fehlgeleiteter Klimaschutz

Brandbeschleuniger  

Umstieg auf Flüssiggas, Speicherung von CO2, grüner Wasserstoff: Die Journalistin Kathrin Hartmann beschreibt, wie angebliche Klimaschutzmaßnahmen sich ins Gegenteil verkehren. Jene Konzerne, die maßgeblich die Klimazerstörung verursacht haben, wittern nun auch bei der „Reparatur“ wieder das große Geschäft. Hartmann verfolgt den Weg des Flüssiggases von der Förderung durch Fracking in Texas bis zum Bau von Terminals in ökologisch hochsensiblen Küstengebieten Deutschlands. Überall wird eine Spur der Verwüstung hinterlassen; und das unter dem Deckmantel von Klimaschutz und Energieunabhängigkeit. Dieselben Mechanismen sind auch bei der unterirdischen Speicherung von Kohlenstoff oder der Erzeugung von vorgeblich grünem Wasserstoff in den Ländern des Globalen Südens zu beobachten. Alles wird dem Prinzip des „Weiter so“ und der Fortführung profitgetriebener Geschäftsmodelle untergeordnet. Unter dem Eindruck angeblicher Sachzwänge machen auch grüne Politiker:innen bei den Projekten mit! HH

Öl ins Feuer – Wie eine verfehlte Klimapolitik die globale Krise vorantreibt

Kathrin Hartmann

Rowohlt (2024)

Die gute Nachricht zum Schluss  

Gewerkschaftlich organisierte Reinigungskräfte in Minneapolis haben ihre Arbeitgeber dazu verpflichte, im Kampf gegen die Klimakrise aktiv zu werden. Den Mitarbeiter:innen werden nun Kurse imklimafreundlichen Reinigen und ressourcenschonender Hausverwaltung bezahlt. Die Hausbesorger:innen sind überwiegend Frauen mit Migrationserfahrung und sie helfen ihren Arbeitgebern nun, klarer durch die frisch geputzten Scheiben der Verwaltungsgebäude zu blicken. Weitere Ermutigungen finden sich in Jeremy Brechers neu erschienem Buch „The Green New Deal from Below – How Ordinary People Are Building a Just and Climate-Safe Economy”, erschienen bei University of Illinois Press. FJ