Wirtschaft & Umwelt - Zeitschrift für Umweltpolitik und Nachhaltigkeit

Kontroverse: Flugreisen zu Weihnachten als Grundrecht oder als Preisfrage: 
Brauchen wir ein faires Mobilitätsbudget?

Pro: „Es gibt ein Recht auf Urlaub und Erholung, aber nicht auf Zerstörung des Planeten.“ 

Fliegen ist der schnellste Weg in die Klimakatastrophe und eines der drastischsten Beispiele für Klima-un-gerechtigkeit: Ein einziger Flug kann mehr klimaschädliche Emissionen ausstoßen als der Großteil der Weltbevölkerung pro Kopf in einem Jahr verursacht. Nur ein Prozent der Weltbevölkerung, eine kleine Minderheit wohlhabender Vielflieger:innen, ist für 50 Prozent der Emissionen des Flugverkehrs verantwortlich, während mehr als 80 Prozent noch nie in einem Flugzeug gesessen sind. Auch in Österreich fliegt die Mehrheit kaum, ein Drittel sogar nie. Die enormen versteckten Kosten des Flugverkehrs tragen aber alle. Die Allgemeinheit subventioniert eine elitäre Fortbewegung: Kerosin wird nicht besteuert, auf Flugtickets fehlt die Mehrwertsteuer, Flughäfen zahlen, anders als die Bahn, keine Grundsteuer. 

Wir benötigen raschen und effektiven Klimaschutz in allen Bereichen, doch die bisherigen Maßnahmen für den Flugverkehr sind reines Greenwashing. Eine Studie aus dem Jahr 2021 schätzt, dass ein jährlicher Pro-Kopf-Fußabdruck von 0,7 Tonnen CO2-Äquivalenten bis 2050 in allen Lebensbereichen notwendig ist, um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu halten. Dieses faire Pro-Kopf-Budget ist mit einem Hin- und Rückflug Wien-London fast aufgebraucht. 

Der einfachste und sicherste Weg, um die Emissionen der Flugindustrie zu reduzieren, wäre die Einführung absoluter Limits für den Luftverkehr. Eine solche Maßnahme wäre sozialverträglich, da Verbote nicht zwischen Arm und Reich unterscheiden, sondern für alle gelten. Die Umsetzung von absoluten ökologischen Grenzwerten mag politisch schwierig erscheinen, wurde aber etwa in Frankreich bei Ultrakurzstreckenflügen bereits durchgesetzt, wo Zugverbindungen von 2,5 Stunden bestehen. 

Con: „In den letzten 35 Jahren ist dank EU-Liberalisierung eine Demokratisierung der Flugreisen gelungen.“ 

Die Grundlage unserer Marktwirtschaft ist, dass man sich entscheiden kann, wofür man sein Geld ausgibt. Und das Fliegen war zuletzt vor 35 Jahren teuer und exklusiv. Bis die EU im Jahr 1989 mit der Liberalisierung des Luftverkehrs begonnen hat. Sie verfolgte dabei ein klares Ziel: Flugreisen sollen für alle leistbar sein. 

Der Schlüssel dafür war Wettbewerb. Und es hat funktioniert: Die Durchschnittspreise sind in den Folgejahren trotz Inflation rasant gesunken und haben sich sogar mehr als halbiert, während die Einkommen gestiegen sind. Und dass die Menschen reisen wollen, zeigt sich an den wachsenden Passagierzahlen. 

Am Beispiel des Flughafens Wien lässt sich dies gut verdeutlichen: Waren es 1989 noch gut fünf Millionen Passagiere, werden es im Jahr 2024 mehr als 30 Millionen sein, für die das Fliegen durchaus leistbar gewesen sein wird. Nicht gerade ein Argument für ein Mobilitätsbudget. Zugegeben, nach der Pandemie ist Fliegen wieder etwas teurer geworden, weil die Nachfrage plötzlich so hoch war. Aber die Preise für Flugreisen flachen gerade wieder ab. 

Nur ein Faktor ist neu: Statt sich über die gelungene Demokratisierung des Luftverkehrs zu freuen, wünschen sich manche in der Politik das Fliegen durch Ticketsteuern und Ähnliches noch teurer zu machen, damit die Nachfrage zurückgeht. Der Umwelt wegen, heißt es. Tatsächlich streift der Staat die Mittel aus der Ticketsteuer fröhlich ein, statt sie für umweltneutrale Treibstoffe zu verwenden. Dabei würde gerade das der Umwelt wirklich helfen, denn der Luftverkehr wächst trotzdem weiter.