Leben

Die neue Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte

Seit 1. Juli 2015 gibt es die Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte APF als einheitliche Anlaufstelle, wenn Passagiere Probleme mit einem Beförderungsunternehmen haben. Die neue Agentur ist bei der Schienen-Control GmbH SCG eingerichtet. Bisher gab es eine solche Schlichtungsstelle nur für BahnkundInnen, neu jetzt auch für Bus- und Schiffspassagiere. Für Flugreisende wurde die bestehende Stelle im Verkehrsministerium ebenfalls der SCG zugeordnet. Finanziert wird ihre Tätigkeit durch Beiträge der Unternehmen in Höhe von pauschal 78 Euro für jedes sie betreffende Schlichtungsverfahren. Für die Passagiere und Fahrgäste ist die Hilfe kostenlos. Und die Agentur selbst wird bei schätzungsweise 3.000 Schlichtungsfällen im Jahr ihre Expertise gebündelt im Sinne der KonsumentInnen nutzen können. Das ist ein wichtiger Schritt für mehr KonsumentInnenschutz im Reiseverkehr.

Zuerst muss allerdings jeder Reisende von sich aus versuchen, das konkrete Problem mit dem jeweiligen Unternehmen zu lösen. Erst wenn es dabei zu keiner befriedigenden Lösung kommt, kann der Fall bei der Agentur eingebracht werden und es wird gegebenenfalls ein Schlichtungsverfahren eingeleitet. 

Unterschiede im Passagierrecht

Grundsätzlich unterscheidet sich der Zugang zum Passagierrecht je nach Verkehrsträger. Das ist nicht zuletzt den unterschiedlichen EU-Verordnungen geschuldet. Plus einem in Österreich stark ausgebauten Fahrgastrecht für BahnfahrerInnen, das der Agentur weitreichendere Befugnisse zugesteht als den Passagieren von Schiff, Bus oder Flugzeug. Das Eisenbahnrecht sieht die Möglichkeit vor, Empfehlungen der Agentur im Zuge eines Schlichtungsverfahrens für verbindlich zu erklären. Allen Verkehrsträgern gleich ist die besondere Berücksichtigung der Rechte von Menschen mit Behinderung und eingeschränkter Mobilität. 

Bahnreisende mit mehr als 60 Minuten Verspätung erhalten 25 Prozent, ab 120 Minuten 50 Prozent des Ticketpreises zurück. KundInnen mit einer Jahreskarte erhalten eine Verspätungsentschädigung abhängig vom Pünktlichkeitsgrad, andere ZeitkartenbenützerInnen bekommen im Verspätungsfall ähnliche Abgeltungen. 

Im Busverkehr hat ein Fahrgast ab 120 Minuten Verspätung Anspruch auf eine alternative Beförderung oder die Erstattung des Fahrpreises. Ebenso besteht das Recht auf eine Erstattung und Entschädigung bei Ausfällen bzw. Annullierung von Busfahrten. Die Strecke muss allerdings mindestens 250 Kilometer lang sein und der Großteil der Strecke innerhalb der EU zurückgelegt werden.

Im Schiffsverkehr haben Reisende Anspruch auf eine Entschädigung für Verspätungen, auf Erstattung und Entschädigung bei Ausfällen bzw. Annullierung von Schiffsfahrten, wenn der Einschiffungshafen innerhalb der EU liegt, und zwar ab einer Ankunftsverspätung von 60 Minuten 25 Prozent bzw. bei einer doppelt so langen Verspätung 50 Prozent auf den Ticketpreis. Diese Ansprüche bestehen aber nicht für Reisen auf Schiffen, die für die Beförderung von höchstens 12 Fahrgästen zugelassen sind oder die eine Gesamtstrecke von weniger als 500 Meter in eine Richtung zurücklegen. 

Voraussetzung für die Rechte von Fluggästen ist, dass der Flug von einem EU-Land ausgegangen ist oder dass die Fluglinie ihren Sitz in der EU hat.

Fluggäste, die Opfer einer Überbuchung oder von einer Flugabsage geworden sind, haben ein Wahlrecht zwischen der vollständigen Rückerstattung des Preises für den nicht konsumierten Teil der Reise oder auch des gesamten Ticketpreises, wenn der Flug insgesamt zwecklos geworden ist, der schnellstmöglichen anderweitigen Beförderung zum Endziel oder einer Umbuchung zu einem für sie geeigneten späteren Zeitpunkt. Zusätzlich haben sie Anspruch auf eine Entschädigung zwischen 250 und 600 Euro je nach Länge der Flugstrecke. Dies gilt für alle Flüge, d.h. Linienflüge, Charterflüge und Pauschalreisen. 

Keine Entschädigung gibt es, wenn die Fluggesellschaft zwei Wochen vor dem geplanten Abflugtermin über die Annullierung informiert oder wenn bei späterer Benachrichtigung innerhalb genau bezeichneter Fristen eine zumutbare anderweitige Beförderung angeboten wird. Die Airline braucht auch dann keine Ausgleichszahlungen zu leisten, wenn die Flugabsage durch außergewöhnliche Umstände bedingt ist, die sich mit zumutbaren Mitteln nicht vermeiden lassen.  Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat 2008 entschieden, dass technische Probleme nicht von der Zahlung der Entschädigung befreien. 

Bei Verspätungen von mehr als zwei Stunden haben Reisende Anspruch auf Mahlzeiten und Erfrischungen und auf eine Hotelunterbringung wenn notwendig. Bei Verspätungen von mehr als fünf Stunden können die Fluggäste vom Vertrag zurücktreten und die vollständige Erstattung des Flugpreises verlangen. 

Zusätzlich besteht bei einer Verspätung von drei oder mehr Stunden Anspruch auf eine Entschädigung in der bereits genannten Höhe.