Betrieb

Arbeiten im Grünen: Oft gar nicht g’sund

Die Arbeit im Wald und die Pflege von Parks mit einer Tätigkeit in g’sunder Luft gleichzusetzen, kann trügerisch sein. Grund dafür sind die dabei verwendeten Arbeitsmaschinen. Dazu zählen im engeren Sinne Motorsägen, Motormäher, Motorsensen und Heckenscheren. Deren gesundheitsschädigende Abgase können sprichwörtlich zum Himmel stinken, besonders wenn sie von Zwei-Takt-Motoren betrieben werden, wo ein Drittel des eingesetzten Benzins unverbrannt emittiert wird. Verstärkt wird hier noch die Schadstoffexposition, wenn die handgehaltenen Geräte (z.B. Motorsäge) anders als beim Auto in einer Distanz von weniger als ein Meter zur Nase von MaschinenführerInnen oft über mehrere Stunden betrieben werden. NaturarbeiterInnen arbeiten somit sozusagen auf Auspuffhöhe zum Quadrat! Relevant ist dies besonders bei Forstbetrieben, aber auch bei kommunalen Gartenbauämtern und Bauhöfen sowie bei der Grünpflege im Rahmen von Infrastrukturanbietern (z.B. ÖBB, ASFINAG) oder Hausverwaltungen. Nicht vergessen werden darf aber der Einsatz dieser Geräte bei LandwirtInnen und FreizeitgärtnerInnen. 

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Schadstoffcocktail

Im Wesentlichen fallen bei diesen benzinbetriebenen Arbeitsmaschinen von bis zu 18 kW/h Leistung Kohlenwasserstoffe, Kohlenmonoxid und Stickoxide mit gesundheitsschädigenden Emissionen an. Bei einer Motorsäge kann grob gesprochen von einem Zwei-Drittel-Anteil von Kohlenmonoxid und fast einem Drittel von Kohlenwasserstoff ausgegangen werden. Den Rest machen Stickoxide und Schwefel aus. Die Leistungsstärke dieses Motors (2,5 kW/h) steht aber in keiner Relation zum Ausstoß von Schadstoffen. Laut einer Studie des Schweizer Umweltamtes produziert selbst eine relativ neue Motorsäge (Baujahr 2008, 2,5 kW/h) pro Betriebsstunde 11-mal mehr Benzol als ein neuer Pkw (Baujahr 2008, Euro IV). Bei älteren 4-Takt-Rasenmähern (Baujahr vor 2000) fielen sogar je nach Einsatzbedingungen bis zu 24-mal so viel an Benzol wie bei gleichaltrigen Pkw (Euro 2) an. HerstellerInnen von speziellen Treibstoffen führen sogar den Faktor 50 ins Treffen.

Dieser Schadstoffcocktail kann bei VerwenderInnen zu einer Schädigung der Atmungsorgane und des Nervensystems sowie einer geringeren Sauerstoffaufnahme des Blutes führen. Oft sind auch Schläfrigkeit und Schwindelanfälle die Folgen. Insbesondere bei Benzol, das inhalativ und über die Haut aufgenommen wird, sind die Auswirkungen unumstritten. Seit 1982 stuft die Internationale Agentur für Krebsforschung der WHO Benzol als „gesichert krebserzeugend für den Menschen“ ein. Seine toxische Wirkung ist beim Blut (Leukämie und Knochenmarkdepression) hinreichend belegt. In Tierversuchen wurde zudem auch seine tumorfördernde Wirkung festgestellt. 

Lahme EU-Gesetzgebung

Diese bedenkliche Exposition für den betroffenen ArbeitnehmerInnen, aber auch HobbygärtnerInnen, ist mehreren Faktoren geschuldet. Selbst eine umweltfreundlich gesinnte Öffentlichkeit sieht häufig unkritisch über dieses kleine Maschinensegment hinweg. Kein Wunder also, wenn der EU-Gesetzgeber keine strengen Grenzwerte einfordert. Selbst diese werden aber noch durch Ausnahmen und unrealistischen Haltbarkeitsanforderungen (50–1.000 Arbeitsstunden) relativiert.  Seit 2007 plant die EU-Kommission eine Überarbeitung des Regelwerks in Form eines neuen Richtlinienvorschlags und verschiebt diesen immer wieder aus unterschiedlichsten Gründen. So gilt bei Arbeitsgeräten weiterhin eine alte EU-Richtlinie 97/68/EG („Off-Road-RL“) als Rahmen und die 2002/88/EG mit den Emissionsgrenzwerten für Maschinen bis 18 kW/h, die drei Klassen von Handgeräten und vier Klassen von Nicht-Handgeräten unterscheidet. Erschwerend kommt hinzu, dass es in Österreich de facto keine Marktaufsicht gibt, die den Verkauf von gesetzeskonformen Geräten kontrolliert. Asiatische Billigimporte gehen hierzulande ungestraft über den Ladentisch, die in Nordamerika schon an der Grenze abgefangen werden.

Das außerordentliche Emissionsverhalten ist aber auch durch die besonderen Einsatzbedingungen dieser Maschinen gegeben. Die Ausstattung von Motorsägen mit einem Katalysator scheiterte schon in den 1990-er Jahren an zu niedrigen Temperaturen beim Anstarten bzw. bei der Hitzebildung, die sich nur mit einer Ummantelung vermeiden lässt. Gerade handgehaltene Geräte müssen aber aus Ergonomiegesichtspunkten für den AnwenderInnen möglichst leicht konzipiert werden. Der robuste Zwei-Takt-Motor bei diesen Geräten ist aber unabdingbar, um ein hohes Drehmoment des Motors sicherzustellen. Auch wenn moderne Motorsägen inzwischen mit einer effizienten „Spülvorlagen-Technologie“ arbeiten und damit Emissionen reduzieren, so können doch die krebserzeugenden Kohlenwasserstoffe (Benzol, n-Hexan und 1,3 Butadien) und Stickoxide nur mit „Gerätebenzin“ zufriedenstellend minimiert werden. Bei der Reduktion von Kohlenmonoxid versagt Gerätebenzin dagegen aber auch.

Gerätebenzin, auch Alkylat- oder „grünes Benzin“ genannt, ist ein spezieller Treibstoff für Ottomotoren, der nach Stand der Technik arm an gesundheits- und umweltschädlichen Stoffen ist, insbesondere bei krebserzeugenden, erbgutverändernden und reproduktionstoxischen Stoffen in den Abgasen. Die aufwendige Raffinierung stellt sicher, dass Gerätebenzin frei von Benzol und anderen Aromaten ist. Im Unterschied zu gewöhnlichem „Tankstellen-Benzin“ besteht es vorwiegend aus Alkanen, die eine besonders rußarme Verbrennung und eine lange Lagerfähigkeit des Gerätebenzins – bis zu zwei Jahren – sicherstellen. Darüber hinaus können MaschinenführerInnen diesen Treibstoff sofort riechen, da er nicht den stechend würzigen Geruch von Benzin aufweist. Diesen positiven Eigenschaften für Gesundheit und Motor steht leider betriebswirtschaftlich ein drei- bis viermal so hoher Preis gegenüber, weil der Vertrieb über Einweg-Gebinde (z.B. 25 Liter) erfolgt.

Die Ächtung von Benzol als krebserzeugender Stoff ist international längst vollzogen und steht wissenschaftlich außer Streit. In Staaten wie Norwegen, Schweden und der Schweiz muss Gerätebenzin bereits zwingend im betrieblichen Bereich verwendetet werden.

Änderungsbedarf

 Obwohl in einigen Unternehmungen (z.B. Betriebe der Stadt Wien, städtische Park- und Gartenpflege in Linz und Graz) Gerätebenzin freiwillig zugunsten der Umwelt und Gesundheit der dort beschäftigten ArbeitnehmerInnen verwendet wird, drängt sich die Frage auf, warum dies in Österreich im betrieblichen Bereich nicht gesetzlich zwingend vorgeschrieben ist. Das Arbeitnehmerschutzgesetz (ASchG) schreibt den ArbeitgeberInnen generell eine Ersatzpflicht bei krebserzeugenden Arbeitsstoffen vor, wenn ein gleichwertiges Arbeitsergebnis mit nicht gefährlichen Arbeitsstoffen erreicht werden kann oder, sofern dies nicht möglich ist, mit Arbeitsstoffen, die weniger gefährliche Eigenschaften aufweisen. Dem steht leider noch immer eine fragwürdige Bestimmung in der allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) gegenüber, die Benzol in Motortreibstoffen, die Erzeugung von Benzol und ihre Verwendung für chemische Synthesen oder für analytische Zwecke und Forschungszwecke in Laboratorien explizit davon ausnimmt. 

Ob betroffene ArbeitnehmerInnen tatsächlich in der Natur mit der g’sunden Luft arbeiten können, hängt somit bedauerlicherweise noch immer von Einsicht und Wohlwollen der ArbeitgeberInnen bzw dem innerbetrieblichen Engagement der BetriebsrätInnen ab.