Schwerpunkt

Kreislaufwirtschaft

Produktgestaltung und Konsum neu denken

Mit der dem Aktionsplan „Closing the loop“ bekennt sich die EU-Kommission zur Notwendigkeit, auf ökologischer Ebene umfassende Maßnahmen zu setzen: Produkte sollen umweltgerechter gestaltet werden, weiters sollen Recyclingquoten erhöht und Abfallmengen reduziert werden. Schwerpunktbereiche bilden dabei Kunststoffe, Lebensmittel, aber auch Bau- und Abbruchabfälle. Prinzipiell soll die Strategie auf bestehenden Richtlinien wie z.B. der Ökodesign-Richtlinie oder der Abfallrichtlinie aufbauen. Dabei sollen, vorwiegend bestehende Maßnahmen in einem Paket gebündelt und gegebenenfalls adaptiert werden. 

Längere Nutzungsdauer durch Produktgestaltung

Im Bereich der Produktion sollen Hersteller in ihren Produktionsprozessen, Erzeugnisse langlebiger, reparier- und nachrüstbarer sowie recyclingfähiger gestalten. Als Rahmen ist dafür die Ökodesign-Richtlinie vorgesehen, die schon jetzt diese Anforderungen abdecken würde. Bislang wurde die Richtlinie jedoch meist nur unter dem Gesichtspunkt der Verbesserung der Energieeffizienz angewandt. Studien wie z.B. die des deutschen Umweltbundesamts zeigen, dass die Lebensdauer von Geräten zurückgeht. Eine AK-Studie hat wiederum dargelegt, dass Nutzungsmuster und Entscheidungen, wann Dinge ersetzt werden, äußerst komplex und von vielen Faktoren abhängig sind. Dass KonsumentInnen sich verstärkt langlebige und reparierfähige Produkte wünschen, zeigt nicht zuletzt auch die steigende Anzahl von Initiativen wie z.B. Repaircafés oder Tauschinitiativen. Der Dachverband der europäischen Konsumentenschutzorganisationen BEUC fordert schon lange eine strengere Auslegung der Richtlinie. Für KonsumentInnen würden laut BEUC diese Produkte auf jeden Fall finanzielle Vorteile bringen: Schon jetzt können KonsumentInnen aufgrund der Energieeffizienz bis zu 450 Euro jährlich sparen.

Weiteres Potenzial wäre vorhanden, wenn Geräte aufgrund von frühzeitigem Verschleiß nicht mehr so häufig ersetzt werden müssten.

Wichtiger Faktor Gewährleistung

Für KonsumentInnen ist die Gewährleistung ein wichtiger Faktor, wenn es zu Problemen mit gekauften Produkten kommt. In puncto Kreislaufwirtschaft steht dabei natürlich der Aspekt der langen Nutzungsdauer im Vordergrund – je länger Produkte genutzt werden können, desto positivere Auswirkungen hat dies auf die Umwelt. Die BEUC und die AK fordern, die Gewährleistungsfrist auszudehnen und die Beweislastumkehr zu verlängern. Eine längere Gewährleistungsfrist würde die Unternehmen nämlich dazu drängen, Erzeugnisse langlebiger zu gestalten. Derzeit beträgt die Gewährleistung bei beweglichen Gütern zwei Jahre, innerhalb der ersten sechs Monate müssen VerkäuferInnen beweisen, dass das Produkt nicht schon zum Zeitpunkt der Übergabe beschädigt war. Danach liegt diese Beweislast bei den KäuferInnen. Dies erschwert oftmals die Durchsetzung der KonsumentInnenrechte, weswegen hier eine Verlängerung gefordert wird. Im Kreislaufwirtschaftspaket der EU-Kommission wird der Aspekt zwar als wichtiger Bestandteil angesprochen, es werden jedoch keine Ziele festgelegt, in welche Richtung hier Änderungen vorgenommen werden sollen. Eine längere Gewährleistungsfrist hätte auch einen positiven Effekt auf das Vertrauen der KonsumentInnen in die Qualität der Produkte. Dieses Vertrauen fehlt aber, wie die AK-Studie gezeigt hat (siehe rechts).

Lebensmittel

Der Kampf gegen Lebensmittelverschwendung ist ebenso ein Teil des EU-Pakets zur Kreislaufwirtschaft, denn gerade Ernährung weist einen großen ökologischen Fußabdruck auf, und insbesondere Verschwendung wirkt dadurch wie ein Hohn gegenüber der Natur. Allerdings fehlen EU-weit Daten und Messindikatoren zur Erhebung des Verschwendungsausmaßes. Solche Indikatoren sollen entwickelt werden, um Maßnahmen ableiten zu können. Weiters fehlen EU-weite Rechtsvorschriften hinsichtlich des sicheren Umgangs mit Lebensmittelspenden sowie der Futtermittelverwendung – auch hier soll es Vorschläge geben. Zivilgesellschaftliche Initiativen, wie Foodsharing-Plattformen, zeigen, dass die EU in die richtige Richtung steuert.

Kritiker meinen, mit dem Paket zur Kreislaufwirtschaft werden bloß bestehende Maßnahmen, die ohnehin im Laufen sind, unter einem Schlagwort subsummiert und als neuer Wurf verkauft. Diese Kritik ist berechtigt, allerdings besteht dadurch auch die Chance, dass durch eine Bündelung ein kohärentes Gesamtkonzept entsteht und einzelne Maßnahmen einen bedeutenderen Stellenwert erhalten. Die Ökodesign-Richtlinie wurde in der Rede des EU-Kommissionsvizepräsidenten Frans Timmermans Anfang November 2016 als wichtiges Instrument der Kreislaufwirtschaft angekündigt. Allerdings gibt es nach mittlerweile einjährigem Bestehen des Pakets noch recht wenig konkrete Schritte: Das Arbeitsprogramm zum Ökodesign 2015-2017 hätte schon letztes Jahr präsentiert werden sollen, Ende November 2016 (nach Redaktionsschluss) soll es nun soweit sein. Auch bzgl. KonsumentInnenrechte bleibt das Paket eher vage: „Die Kommission wird sich um eine bessere Durchsetzung der Garantien für materielle Produkte bemühen, Verbesserungsmöglichkeiten prüfen und gegen falsche Umweltangaben vorgehen.“ Hier sind auf jeden Fall konkretere Schritte notwendig.

Sind bei der Produktgestaltung vor allem Unternehmen im Visier der EU, so fehlen diese als Adressaten im Bereich der Lebensmittel – hier sollte nicht die alleinige Verantwortung an die KonsumentInnen abgeschoben werden: Gerade mit Werbeangeboten wie z.B. „Kauf 2, zahl 1“ und ähnlichen, werden KonsumentInnen verleitet, mehr zu kaufen als sie benötigen. Vielfach landen diese Lebensmittel wieder im Müll. 

Einschätzung und Ausblick

Das Paket zur Kreislaufwirtschaft soll, wenn man den euphorischen Aussagen der EU Kommission folgt, zu einem Wandel unserer gesamten Konsum-, Wirtschafts- und Lebensweise führen. Im Text selbst liest sich das so: „Die Kreislaufwirtschaft wird die EU wettbewerbsfähiger machen, weil Unternehmen nicht mit Ressourcenknappheit und Preisschwankungen konfrontiert sein werden, und auf diese Weise zur Entwicklung neuer Geschäftsmöglichkeiten und innovativer, effizienterer Produktions- und Verbrauchsmuster beitragen. Sie wird lokale Arbeitsplätze auf allen Ebenen schaffen und die Integration und den sozialen Zusammenhalt fördern.“ Die Frage stellt sich, wie weitreichend und ernsthaft diese Punkte umgesetzt werden – kommt es zu einer sozial-ökologischen Transformation oder werden schlussendlich nur manche Punkte adaptiert und in das bestehende System integriert? Schlussendlich soll das Paket ja auch die Wirtschaft ankurbeln und die EU wettbewerbsfähiger machen. Bislang führten solche Ansätze zu mehr anstatt zu weniger Ressourcenverbrauch und eher zu einem „weiter wie bisher“ als zu echten Reformen. Aber die EU hat sich viel vorgenommen: „Der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft ist ein Systemwandel.“ Diesen großen Worten werden hoffentlich bald mehr Taten folgen, auch in Anbetracht des Pariser Klimaabkommens sind diese dringend erforderlich. ¨