Schwerpunkt

Umwelt und Verteilungsgerechtigkeit

Interview mit Heinz Högelsberger von der vida: Soziale Folgen des Klimawandels

Wo liegen Ihrer Meinung nach die Gründe dafür?

Högelsberger: Von den zwölf größten Unternehmen der Welt sind neun Öl- oder Autokonzerne. Sie bestimmen die Weltpolitik und wollen maximale Profite. Das erklärt, warum sich beim Klimaschutz bislang so wenig getan hat. Der Klimawandel ist also so etwas wie globaler Klassenkampf von oben nach unten. In Österreich ist die Lage ähnlich; man denke nur an die Einflussmöglichkeiten und politischen Querverbindungen von OMV, voestalpine oder Magna. Außerdem hatten Gewerkschaften und UmweltschützerInnen seit den Auseinandersetzungen um das Atomkraftwerk Zwentendorf und das Wasserkraftwerk Hainburg über lange Zeit keine gute Gesprächsbasis. Sie konnten dadurch die Gemeinsamkeiten ihrer Anliegen nicht erkennen.

Sie haben während Ihrer Zeit bei Global 2000 die Studie „Soziale Aspekte von Climate Change Impacts“ beauftragt. Wurden die Ergebnisse politisch aufgegriffen?

Högelsberger: Die Ergebnisse waren ja eindeutig: Ärmere Menschen in Österreich verursachen weniger CO2-Emissionen als die Reichen, leiden aber mehr unter den Folgen des Klimawandels. Wir fanden also auf österreichischer Ebene dieselben Mechanismen wie im globalen Maßstab. Wir schickten die Studie breit aus und dachten, damit allen progressiven Kräften eine wissenschaftlich fundierte Steilvorlage geliefert zu haben. Feedback und Interesse waren aber gering.

Wie hat Ihr beruflicher Rollenwechsel Ihre Perspektive verändert? Welche Themen aus dieser Zeit konnten Sie in Ihre gewerkschaftliche Arbeit mitnehmen?

Högelsberger: Eine meiner ersten Tätigkeiten bei der vida war es, diese GLOBAL 2000-Studie auszupacken, die monatelang ungeöffnet und ungelesen im Büro herumlag! Ich habe meine Anstellung als Auftrag verstanden, Anliegen für gute Arbeitsplätze und Umweltschutz zur Deckung zu bringen. Im Fall einer Verkehrsgewerkschaft wie der vida wären dies: Ausbau von Öffis und Bahn bei gleichzeitigem Zurückdrängen des Kfz-Verkehrs, Kostenwahrheit, Nachtzüge statt Kurzstreckenflüge usw. Sehr hilfreich war die Gründung des Bündnisses „Wege aus der Krise“, in dem Gewerkschaften, Umwelt- und Sozial-NGOs genau an solchen Themen arbeiten.

Wo liegen in Ihren Augen die wichtigsten Handlungsfelder für die Schaffung von mehr „Umweltgerechtigkeit“ in der Zukunft?

Högelsberger: Die Ausbeutung von Menschen und Natur gehen Hand in Hand. Ich bin überzeugt, dass soziale Gerechtigkeit und konsequenter Klimaschutz im neoliberalen Kapitalismus nicht möglich sind. Statt ungehemmten Konsumismus (immer das neueste Smartphone) benötigen wir ein gutes Leben für alle. Der Wirtschaftskuchen muss nicht wachsen, sondern nur besser und gerechter verteilt werden! 
Ein erster Schritt wäre eine ökosoziale Steuerreform sowie Vermögensteuern.