Schwerpunkt

Gutes Leben für alle

Imperiale Lebensweise: Gutes Leben? Eine globale Frage!

Wenn sie kein Brot haben, dann sollen sie doch Kuchen essen!“ Dieses Marie Antoinette zugeschriebene Zitat verdeutlicht die politische Brisanz von Fragen des guten Lebens für alle. Inwiefern bedingt das gute Leben einiger das Leiden anderer? Viel stärker noch als im Westeuropa des 18. Jahrhunderts hat das gute Leben für alle heute eine globale Dimension. 

Diese Dimension wird vom Begriff der „imperialen Lebensweise“ analytisch erfasst. Im Kern geht es darum, dass die meist unbewussten Konsumpraktiken der Menschen im „Globalen Norden“ in vielen Fällen auf dem Zugang zu Ressourcen und Schadstoffsenken sowie billiger Arbeitskraft im „Globalen Süden“ basieren. Allerdings: Die imperiale Lebensweise wird tendenziell von allen gelebt, nicht nur von ökonomisch Wohlhabenden. Sie wird durch die Produktion von Unternehmen ermöglicht und von der Politik abgesichert.

Ein Beispiel: Der durch Sklavenarbeit und Monokultur billig verfügbare Zucker führte im Europa des 18. und 19. Jahrhunderts zur Entstehung neuer Alltagsgewohnheiten: Zum Trinken von gesüßtem Tee, Kaffee und Kakao, aber auch zum Konsum von Limonaden, Speiseeis und anderen zuckerhaltigen Produkten. Die Abholzung von Regenwald für Zuckerrohrplantagen und die Arbeitsbedingungen der Sklaven sind in diesen Produkten nicht sichtbar. Verallgemeinert sich jedoch ihr Konsum, erhöht sich auch der soziale und ökologische Druck.

Heute sind Erdöl, Palmöl, seltene Erden und viele weitere Ressourcen fester Bestandteil unseres Alltagshandelns. Auch im Smartphone oder in Billigjeans sind soziale und ökologische Gewalt unsichtbar. Statt jedoch diese imperialen Verhältnisse zu verändern, werden sie als vermeintliches Vorbild eines erstrebenswerten Lebens in alle Welt exportiert. Doch diese Lebensweisen sind nicht verallgemeinerbar. Darum findet ein globaler Verteilungskampf statt, in dem der „Globale Norden“ seine Ansprüche mittels ungleicher ökonomischer Beziehungen oder institutionalisiertem Zwang (WTO) sowie gegebenenfalls mit militärischer Gewalt absichert. 

Das Konzept der „imperialen Lebensweise“ führt uns vor Augen, dass es beim „guten Leben“ um andere Produktionsbedingungen geht, um eine andere Verteilung und um andere Konsumgewohnheiten – nicht darum, dass für alle genügend Kuchen da ist.