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Knapper Boden

Landwirtschaft und Boden

Ein gesunder Boden und ein gesundes Bodenleben sind für die Landbewirtschaftung unerlässlich. Er bildet die Basis, um die Bedürfnisse der Menschen nach Nahrung und Energie abzudecken. 

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Nach Schätzungen von europäischen BodenexpertInnen sind zwölf Prozent des gesamten europäischen Festlands von Wassererosion betroffen, 50 Prozent sind mäßig bis stark aufgrund von Verdichtungen gefährdet und neun Prozent der Bodenfläche sind versiegelt. Insbesondere Siedlungserweiterungen können zum Verlust besonders ertragreicher Böden führen. 

Böden spielen in der Klimaschutzthematik eine wesentliche Rolle. Sie können über den Eintrag pflanzlicher Biomasse Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre in Humus fixieren. Das Potenzial von Böden, langfristig Kohlenstoff zu speichern, ist allerdings begrenzt und hängt neben natürlichen Faktoren wie Temperatur und Feuchtigkeit vor allem von der Bodenbewirtschaftung und der Landnutzung ab. So können Böden durch eine nicht nachhaltige Bewirtschaftung Treibhausgase in die Luft abgeben. Dabei können Kohlenstoffdioxid (CO2), 

Methan und Lachgas entstehen. Insbesondere Lachgas – aber auch Methan – haben eine viel stärkere Treibhauswirkung als CO2. 

Lebendige und gut durchlüftete Böden nehmen Methan aus der Atmosphäre auf und bauen es ab. Dem steht die Methanerzeugung durch Wirtschaftsdünger entgegen. Stallmist erzeugt viel weniger neues Methan als beispielsweise Gülle. Lachgas (N2O) entsteht, wenn im Boden Sauerstoffmangel herrscht. Je größer die Stickstoffmengen und -konzentrationen sind, die durch Dünger eingebracht werden, desto mehr Lachgas kann entstehen. Daher wird von ExpertInnen empfohlen,  hohe Konzentrationen von mineralisch chemischem Stickstoff zu vermeiden, um eine gute natürliche Luftversorgung und Wasserleitfähigkeit des Bodens sicherzustellen. 

In Österreich sind ca. 820 Millionen Tonnen Kohlenstoff in den Böden gespeichert. Davon entfallen nach den Berechnungen des Umweltbundesamtes rund 22 Prozent auf Grünlandböden,  rund zehn Prozent auf Ackerböden und rund 60 Prozent auf Waldböden. Laut dem 10. Kontrollbericht des Umweltbundesamtes wirken sich die angewendeten Agrarumwelt-Maßnahmen bislang positiv auf die Humusdynamik der Böden aus. Um die Bodenfunktionen langfristig zu sichern, ist eine Anpassung landwirtschaftlicher Förderungen an gezielte klimaschutzwirksame Maßnahmen für das neue Agrarumweltprogramm ÖPUL 2014–2020 empfehlenswert.

Wasser, Nährstoffe und Luft werden laufend vom Boden gefiltert, verändert, gespeichert und abgegeben. Böden haben daher eine wichtige Filterfunktion, denn sie können auch Schadstoffe filtern, neu­tr­alisieren und binden. So kann verhindert werden, dass Giftstoffe ins Grundwasser und damit langfristig ins Trinkwasser gelangen. Diese Filterfunktion ist allerdings begrenzt. Daher gibt es Belastungen des Trinkwassers mit Nitrat und Pestiziden. Zudem hat die Struktur des Bodens, insbesondere das Porenvolumen, Einfluss auf die Wasser- und Luftbewegung im Boden, seine Stabilität, Verdichtungsfähigkeit und die Durchwurzelung.

Erosion und Verdichtung

In Österreich sind laut Schätzungen der Wissenschaft 380.000 Hektar der landwirtschaftlichen Flächen erosionsgefährdet. Dies betrifft insbesondere Böden im Anbau von Körner- und Silomais, des Weinbaus und der Zuckerrübe. Bei Maisanbau kann mit einem jährlichen Bodenabtrag von bis zu 25 Tonnen je Hektar gerechnet werden. Maßnahmen wie die Begrünung von Ackerflächen oder Mulch-Direktsaat können Erosion gut vorbeugen. Der biologische Landbau bringt grundsätzlich gute Voraussetzungen mit, die die Wasser- und auch die Winderosion mindern: Es wird beispielsweise mit dem Anbau von Kleegras für eine gute Bodenbedeckung gesorgt und diese versorgt gleichzeitig den Boden mit wichtigen Nährstoffen. Aber auch in der konventionellen Landwirtschaft ist mit der ÖPUL-Maßnahme „Begrünung von Ackerflächen“ zunehmend mehr Ackerfläche im Winter bedeckt und damit vor Erosion geschützt.  

Der Einsatz von immer schwereren Landmaschinen führt zu einer verstärkten Verdichtung des Bodens. Daher wird in der biologischen Landwirtschaft vermehrt eine pfluglose Bewirtschaftung ausprobiert. Damit kann der Verdichtung des Bodens vorgebeugt werden, insbesondere werden damit aber auch die Humusschicht und die Bodenmikroorganismen geschont. 

Der Anbau von Monokulturen und der Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden und Stickstoff verhindern ein aktives Leben der Bodenmikroorganismen. Durch enge Fruchtfolgen oder Monokulturen werden spezifische Erreger der angebauten Kulturen gezüchtet. Damit kann sich der Befallsdruck von Schädlingen auf die landwirtschaftlichen Flächen erhöhen, dem wiederum mit dem Einsatz von Pestiziden entgegengewirkt wird. Der monokulturelle Anbau von Mais bringt beispielsweise große Schwierigkeiten mit dem Schadorganismus Maiszünsler mit sich. Die Larven des Maiszünslers bleiben nach der Ernte im Boden, überwintern und schädigen die Maispflanzen im darauffolgenden Jahr. Die Landwirtschaft setzte auf für die Bienen schädliche Neonicotinoide, die als Beizmittel für Maissaatgut zur Bekämpfung des Maiszünslers eingesetzt wurden. Im Frühjahr 2013 wurde von der EU-Kommission die Verwendung der Neonicotinoide vorerst für zwei Jahre verboten. In Österreich wurde dieses Verbot  im Parlament auf drei Jahre ausgeweitet. Bereits vor über zehn Jahren wurde von einigen Wissenschaftlern die Einhaltung einer Fruchtfolge als eine wirksame Methode gegen den Maiszünsler empfohlen. Diese wurde in der Praxis bislang in der biologischen Landwirtschaft durchaus erfolgreich angewendet. Mit dem Verbot der Neonicotinoide kann künftig auch die konventionelle Landwirtschaft über eine regelmäßige Fruchtfolge das Problem mit dem  Maiszünsler in den Griff zu bekommen. 

Bewirtschaftungsqualität

Im Anbau von Futtermitteln bemüht sich die EU um eine europäische Eiweißstrategie. Ihr Ziel ist es, künftig vermehrt Eiweißfuttermittel in Europa zu produzieren, um die Sojaimporte zu verringern. 

Damit könnte auch die Bodenqualität verbessert werden, zumal der Anbau von Soja für den Boden gleichzeitig die Versorgung mit Stickstoff gewährleisten kann. Allerdings sollten für ein aktives Bodenleben auch keine Pestizide eingesetzt werden. Die Sojabohne ist ein Schmetterlingsblütler. Diese haben die Fähigkeit, Luftstickstoff in Form von Knöllchenbakterien im Boden zu speichern. Dieser Stickstoff wird von nachfolgenden Ackerkulturen für das Wachstum genützt. Die Sojabohne leistet daher innerhalb der Fruchtfolge einen wichtigen Beitrag für die Pflanzenernährung und kann gleichzeitig als Futtermittel eingesetzt werden. Die Fruchtfolge wirkt sich somit positiv auf das mikrobiologische Gleichgewicht des Bodens aus. Mit der EU-Agrarreform 2013 wird  versucht, verstärkt auf Fruchtfolge zu setzen. Künftig sind für die vollständige Auszahlung von Direktförderungen an die Landwirtschaft zumindest ab einer Betriebsgröße von zehn Hektar Ackerfläche verpflichtend Fruchtfolgen vorgeschrieben. 

Die Nahrungsmittelproduktion, die Produktion von Energiepflanzen und die Versiegelung der Flächen durch Verbauung stehen in Konkurrenz miteinander. Alle benötigen die Ressource Boden. In den Jahren 2007/2008 stiegen die Weltmarktpreise für Grundnahrungsmittel sprunghaft an. Diese Preissteigerungen sind unter anderem mit der erhöhten Nachfrage nach Agrartreibstoffen aus Europa und den USA zu begründen. Diese Konkurrenz zwischen „Teller“, „Trog“ und „Tank“ wird sich künftig wohl noch verstärken, denn die EU setzt vermehrt sowohl auf erneuerbare Energiequellen als auch auf die Futtermittelproduktion. 

Nutzungskonflikte

Gundula Prokop beschreibt in ihrem Beitrag zur Veranstaltung „Bodenverbrauch in Österreich – Ist die Versorgungssicherheit in Gefahr?“ das globale Thema des Bodenverbrauchs: „Die besten Böden sind in den reichsten Ländern. Nur zwölf Prozent der Weltböden sind für den Ackerbau geeignet. Davon befinden sich rund zwei Drittel auf der nördlichen und nur etwa ein Drittel auf der südlichen Erdhalbkugel. Nahezu alle Konsumgüter, die in der EU verbraucht werden, benötigen Boden, dazu zählen Lebensmittel, Tierfutter, Textilien, Mineralien, aber auch Brennstoffe.“ Sie zitiert eine Studie des Sustainable Europe Research Instituts (SERI), die angibt, dass sich 60 Prozent des für die in Europa notwendigen Konsumgüter verbrauchten Bodens außerhalb der EU befinden. Dieser  Prozess wird als „Landimport“ bezeichnet. Als eine Lösung schlägt sie eine Veränderung der Ernährungsgewohnheiten vor, da diese einen erheblichen Einfluss auf die Menge benötigter Agrarflächen haben. In Österreich, wie auch dem Rest von Europa, wird eine erhebliche Menge an Fleisch konsumiert. Diese benötigt im Vergleich zur Ernährung mit pflanzlichen Produkten weit mehr Fläche: so sind im Durchschnitt sieben pflanzliche Kalorien notwendig, um eine Kalorie Fleisch zu erzeugen. Daher wäre mittelfristig eine Reduktion des Fleischkonsums sowie des Konsums von tierischen Produkten zielführend. Prokop zitiert dazu das österreichische Forschungsprojekt GERN, das bei konventioneller Landwirtschaft zu dem Schluss kommt, dass bei einer entsprechenden Reduktion des Konsums von Fleisch sowie tierischer Produkte der Flächenverbrauch  um bis zu 30 Prozent verringert werden könnte. 

Mit dem steigenden Bedarf von Fleisch und tierischen Produkten sowie Energie in Ländern wie China und Indien wird der Druck auf produktive Agrarflächen noch stärker steigen. Ein Umdenken in der Ernährung, im Ressourcenverbrauch und im Umgang mit erneuerbaren Energien ist unerlässlich.