Politik

Zeit für nachhaltige Impulse

Umwelt- und verkehrspolitische Themen sind nicht gerade ein Wahlkampfschlager, wenn man von dem verzichtbaren Ruf nach Privatisierung der ÖBB absieht. Das ist auch gut so, denn gerade wenn es um zentrale Dienstleistungen der Daseinsvorsorge wie Wasserversorgung, Abfallentsorgung, Öffentlicher Verkehr (ÖV) oder um Weichenstellungen für eine nachhaltige Wirtschaft geht, braucht es eine konsistente, langfristig orientierte Politik, die sich nicht an Wahlzyklen orientiert. Aus ArbeitnehmerInnensicht sind die Prioritäten dabei klar: Es geht um die Erhaltung und den Ausbau der Daseinsvorsorge in öffentlicher Verantwortung, es geht um die Sicherung der Beschäftigung und der Arbeitsbedingungen im Verkehrs- und Umweltsektor, und es geht um einen schonenden und nachhaltigen Umgang mit unseren Ressourcen.  Daraus ergeben sich auch die konkreten Forderungen für die nächste Legislaturperiode.

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ÖV-Offensive

Wer nicht mobil ist, kann am sozialen und öffentlichen Leben kaum teilnehmen und ist in seinen Arbeitsmarktchancen eingeschränkt. Vor dem Hintergrund der klimapolitischen nationalen und europäischen Ziele und den steigenden Preisen für fossile Treibstoffe ist die Sicherstellung leistbarer Mobilität nur mit einer Offensive für den ÖV möglich. Um die Rahmenbedingungen dafür zu verbessern, ist mehr Kostenwahrheit zwischen Schiene und Straße, sowohl beim Personen- als auch beim Güterverkehr, notwendig. Ziel ist ein österreichweiter, integrierter Taktverkehr auf der Basis von einheitlichen Versorgungsstandards und des Ausbaus der dazu notwendigen Infrastruktur (materiell und immateriell). Dazu gehören auch ein österreichweites Tarif-, Ticket- und Fahrgastinformationssystem sowie einheitliche und sozial gerechte Ermäßigungen sowie Barrierefreiheit beim Zugang und der Nutzung aller öffentlichen Verkehrsmittel und der Ausbau der Fahrgastrechte.

ÖBB stärken

Kein Sozial- und Qualitätsdumping durch Liberalisierung! Im Zusammenhang mit der nach neoliberalem Credo massiv vorangetriebenen Liberalisierung und Privatisierung auch im Verkehrssektor sind vermehrte Anstrengungen erforderlich, damit der ÖV attraktiver wird und weiterhin Arbeitsplatzsicherheit und faire Arbeitsbedingungen bietet. Die ÖBB sind ein unverzichtbarer Teil des öffentlichen Eigentums, und können umfassende Verkehrsdienstleistungen nur erbringen, wenn sie integriert bleiben. Eine Privatisierung der ÖBB ist daher auf jeden Fall zu verhindern, das gilt auch für den Verkauf besteh­ender Unternehmensteile oder Teilunternehmen. 

Damit ein fairer Wettbewerb im ÖV überhaupt denkbar ist, muss der Staat einheitliche und verbindliche Regeln für alle Verkehrsunternehmen im Hinblick auf technische Anforderungen, Ausbildungsstandards, Bau-, Betriebs- und Sicherheitsstandards schaffen – hier besteht noch Nachholbedarf. Ebenso wichtig ist die Verhinderung von Sozial- und Qualitätsdumping im Verkehrsbereich: Für jegliche Form von Verkehrsbestellung (Direktvergabe und Ausschreibung) müssen Qualitäts- und Sozialkriterien österreichweit verbindlich verankert werden. Bei Ausschreibungen müssen arbeitnehmerfreundliche Regelungen für den Betriebsübergang gelten. Es muss auch klar sein, dass die sozialen und ökologischen Wirkungen eines flächenhaften ÖV-Angebots eine Unterstützung aus öffentlichen Mitteln rechtfertigen.

Es gibt aber auch andere „Verkehrs-Baustellen“, an denen die Politik in den kommenden Jahren dringend weiterarbeiten sollte, um das Verkehrssystem klimaverträglich und ressourcenschonend weiterzuentwickeln. Es braucht eine konsequente Offensive für den Güterverkehr, die zu einer Verlagerung auf die Schiene und Schifffahrt führt und die Maßnahmen von der Erhöhung der Lkw-Maut bis zu strengen Kontrollen der Sozialvorschriften auf der Straße oder zu einer Reform der Anschlussbahnförderung bündelt. Der gepriesene Wett­bewerb im Verkehr wird derzeit zum Großteil auf dem Rücken des Fahrpersonals ausgetragen. Ob es sich um das Ausflaggen österreichischer Frächter in Niedriglohnländer handelt oder die Aufweichung gesetzlicher Vorschriften – alle Maßnahmen verfolgen das primäre Ziel der Minimierung der Personalkosten im Straßengüterverkehr. Deshalb muss die Schaffung sicherer und guter Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten im (Straßen)Verkehr eine Leitlinie der kommenden Jahre werden.

Lärm und Luft

Mehr Transparenz, klare Prioritäten und Verbindlichkeit sind hier nötig! Verkehrslärm beeinträchtigt die Lebensqualität und die Gesundheit der BürgerInnen. Lärm ist auch ein soziales Problem. Eine Wohnumgebung, die Ruhe und Erholung ermöglicht, ist nicht für jeden leistbar. Bei der Lärmreduktion haben fahrzeugseitige Maßnahmen (Schiene, Straße, Flugzeug) Priorität. Aber die Verkehrszunahmen „fressen die technischen Verbesserungen am Fahrzeug auf“. Gefordert ist die Überarbeitung des Bundes-Umgebungslärmgesetzes und ein neues Bundes-Verkehrslärmschutzgesetz, das bundeseinheitliche verpflichtende, am Gesundheitsschutz orientierte Grenzwerte, Schwellwerte gemäß dem Vorsorgeprinzip sowie die Verankerung des Verursacherprinzips vorsieht. Klare Vorgaben für Bestandssanierung und laufende Lärmminderung im Betrieb sowie eine Koordinationsverpflichtung für Bund und Länder sind nötig. Lärmaktionspläne müssen die Problemzonen, in denen viele Menschen stark belastet sind, konkret benennen und  wirksame Lärmschutz-Maßnahmen und Entlastungsziele für die nächsten fünf Jahre enthalten. Maßnahmen wie Fensterförderungen müssen kundenfreundlich und niederschwellig ausgestaltet werden. 

Maßnahmen gegen Feinstaub- und Stickoxidbelastung sind dringend erforderlich! Schlechte Luftqualität reduziert die Lebenserwartung der ÖsterreicherInnen im Schnitt um sechs Monate. Vor allem bei Feinstaub und Stickoxiden besteht Handlungsbedarf. Eine Schlüsselrolle kommt auch hier dem Verkehr zu. Daher ist eine konsistente Strategie des Bundes notwendig, die Stickoxid-Emissionen deutlich reduziert und die Bundesländer bei ihren Verantwortlichkeiten im 

Rahmen des Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L) wirksam ergänzt. Synergieeffekte mit dem Klima- und Lärmschutz sowie die Vermeidung von besonders gefährlichen Feinstaub-Fraktionen (z.B. Dieselruß) sind anzustreben. Die wichtigsten Ansatzpunkte sollen dabei der gewerbliche Verkehr, Off-Road-Maschinen, ein konsequenter Ausbau von Fernwärme und Erdgas, die Vermeidung von Feinstaub („sekundärer Feinstaub“) aus landwirtschaftlicher Produktion und Lkw-Maut-Zuschläge entsprechend der neuen EU-Richtlinie bilden.

Wasser und Abfall

Trotz ernüchternder Erfahrungen mit der Privatisierung der Wasserversorgung weisen EU-Initiativen wiederholt in Richtung Liberalisierung. Der jüngste Anlauf konnte dank des Erfolgs von über 1,7 Millionen Stimmen für die Europäische Bürgerinitiative „Wasser und sanitäre Grundversorgung sind ein Menschenrecht“ gestoppt werden. Nun gilt es, die Versorgung mit Wasser sowie anderen öffentlichen Dienstleistungen durch die öffentliche Hand nachhaltig abzusichern. Sowohl für den weiteren Ausbau der Wasserkraft, als auch hinsichtlich der Gewässerökologie liegen die bisherigen Umsetzungen weit hinter den Plänen. Insbesondere bei Kraftwerksplanungen ist mit einer Verschärfung von Zielkonflikten zu rechnen. Es braucht daher eine strategische, österreichweite Planung, welche sowohl klima-, energie-, umwelt- und gesellschaftspolitische Aspekte berücksichtigt. 

Umweltpolitisch geboten ist auch eine konsequente Abfallpolitik. In Sachen Abfallvermeidung (z.B. Förderung von Mehrweggetränkeverpackungen) fehlen noch immer wirksame Maßnahmen und verbindliche Vorgaben. Die kürzlich beschlossene AWG-Novelle Verpackungen ermöglicht einen grundlegenden Systemwandel in Richtung Wettbewerb. Dieser muss aber erst im Detail umgesetzt werden, damit es zu Entlastungen für die KonsumentInnen kommt.