AK-Studie: Gewerkschaftlicher Kampf um „Just Transition“
Die in Paris vereinbarten Klimaziele stellen die kapitalistische Wirtschaftsweise fundamental in Frage, da an Stelle einer beständigen Ausweitung des Ressourcen- und Energieverbrauchs ein Ausstieg aus der Verwendung fossiler Energieträger notwendig ist. Weil damit eine grundlegende Veränderung der Rolle der Erwerbsarbeit einher geht, ist Klimapolitik auch für Gewerkschaften eine Kernfrage. Die vorliegende Studie untersucht, welche Positionen Gewerkschaften, insbesondere die supranationalen Gewerkschaftsverbände, bei den internationalen Klimaverhandlungen einnehmen und welche Erfolge sie dabei erzielten. In den letzten Jahren weitete sich das klimapolitische Themenspektrum, das von den Gewerkschaften angesprochen wurde: Aspekte der notwendig anderen Qualifikationen in einer klimafreundlichen Gesellschaft, die Stärkung der Rolle öffentlicher Unternehmen für eine effektive Klimapolitik sowie Finanz-, Wissens- und Technologietransfers von Nord nach Süd wurden wichtiger. Weiters nehmen die Gewerkschaften zunehmend gesellschaftliche Bereiche in den Blick, die über Betrieb und Arbeitsplatz hinausgehen. Gemeinsam ist ihnen eine Sichtweise, die jenseits der nationalen Umsetzung der Klimaziele eine internationale Perspektive einnimmt und ganz bewusst Interessensgegensätze und Machtverhältnisse thematisiert.
Einen Schwerpunkt legt die Studie auf die Positionierung der Gewerkschaften – vor allem des Internationalen Gewerkschaftsbundes (IGB) – im Zusammenhang mit der Klimarahmenkonvention und bei den Vertragsstaatenkonferenzen. In jahrelangen Diskussions- und Lernprozessen hat sich der Begriff der „Just Transition“ als Leitbegriff gewerkschaftlicher Perspektiven und Forderungen etabliert. Damit werden die komplexen Herausforderungen des Übergangs zu einer Wirtschaftsweise angesprochen, die ohne fossile Energieträger auskommt. Denn eine solche Transformation stellt eben nicht eine bloße technische Herausforderung dar, sondern erfordert eine intensive Auseinandersetzung, wie diese Veränderungen gerecht gestaltet werden können. Erst relativ spät – auf der 16. Vertragsstaatenkonferenz (COP 16) in Cancún im Jahr 2010 – gelang es, den Begriff der „Just Transition“ auch in einem Beschluss der Vertragsstaaten zu verankern.
Der Kampf um die Verankerung dieses Konzepts in den internationalen Klimaverhandlungen ist eine symbolisch wichtige Auseinandersetzung. Sie macht deutlich, dass Klimapolitik weder eine Herausforderung für Technokraten noch eine Aufgabe einer unterschiedslosen Allgemeinheit ist, sondern dass auch in diesem Feld Fragen von Macht und Gerechtigkeit eine zentrale Rolle spielen. Nur unter diesem Blickwinkel wird auch der Widerstand verständlich, der der Forderung nach Aufnahme des Konzepts der „Just Transition“ in die politischen Beschlüsse entgegenschlägt.
Für ArbeitnehmerInnen – und damit für die Arbeiterkammer – ist es von überragender Bedeutung, wie dieser Prozess gestaltet wird. Die vorliegende Studie leistet einen Beitrag dazu, dabei immer wieder die Verbindung zwischen der nationalen, der europäischen und der internationalen Ebene und die Machtverhältnisse auf diesen Ebenen in den Blick zu nehmen.