Kommentar: Testosteronsteuerung
Einmal will ich der Automobilindustrie glauben und mich vorab über die Einführung des „schon bald marktreifen“ fahrerlosen Autos freuen. Wenn es stimmt, was die Branche behauptet, ist es wirklich eine Revolution und zwar vor allem für alle NichtautofahrerInnen, oft die überwiegende Mehrheit der VerkehrsteilnehmerInnen.
Selbst in tiefergelegten PS-Boliden soll, zumindest langfristig, die testosteronbasierte Steuerung des Wagens durch rationale Rechnerleistung abgelöst werden. Plötzlich auftretende Hindernisse werden dann, so die Autohersteller, automatisch erkannt und der Wagen wird sanft abgebremst. Vorbei also die Zeiten, an denen jede Straßenquerung und Wege entlang von Landstraßen zur tödlichen FußgängerInnenfalle werden konnten. Für die emotionale Befindlichkeit der FußgängerInnen ist das gleichsam eine Revolution. Letztlich müssen diese derzeit nicht nur wegen der Straßenverkehrsgesetze den AutofahrerInnen gegenüber devot und unterwürfig sein, sondern auch aufgrund der Gesetze der Physik. Kommt es zu einem Unfall, ist das Kräfteverhältnis physikalisch klar, und die FußgängerInnen sind zumeist deformierter als die Karosserie. Durch das rechnergestützte Fahren wird die Physik zwar nicht aufgehoben, aber den FußgängerInnen wird Angst genommen und sie erhalten ihre Würde teilweise zurück. Danke also VW, Renault, Volvo und Konsorten.
Mit großer Freude sehe ich weiteren Errungenschaften entgegen. Meine Vorschläge wären die Gehsteigparkverbotsberücksichtigungsapp, die Geschwindigkeitseinhaltevorrichtung und die Motorabschalteeinrichtung, sofern die tödlichen verkehrsbedingten Abgase wieder einmal jene WHO-Grenzwerte übersteigen, die so manch wehrloses Kleinkind ein paar Jahre früher ins Jenseits befördern.
„Geht nicht, technisch nicht lösbar und ein Eingriff in die persönliche Freiheit“ höre ich da allerdings die gesamte Autolobby rufen. So ist es aber nicht – rein rational und rechnerleistungsbasiert analysiert. Ganz im Gegenteil.