Kommentar: Märchen oder Bahn?
Seit vielen, vielen Jahren kursiert die Legende, dass der freie Markt alles billiger, effizienter und kundenfreundlicher mache. Ende 2011 hat man begonnen, diese fleißige Goldmarie auch auf der Westbahnstrecke wach zu küssen. Damals wurde das (angeblich) bessere Angebot des neuen und innovativen Fernverkehrsanbieters mit viel Euphorie begrüßt. Man muss aber kein Psychologe sein, um zu wissen, dass zwei Drittel der Fahrgäste im Nahverkehr unterwegs sind.
Besonders innovativ zeigte man sich daher schon bald bei der Preisgestaltung, um an diesen Goldesel heranzukommen. Gut in Erinnerung sind den PendlerInnen die Zuschläge zu den Zeitkarten und schließlich der Ausstieg aus dem Verkehrsverbund, womit das Zugangebot der „Westbahn GmbH“ unbrauchbar für den täglichen Arbeitsweg wurde.
Besonders schmerzhaft ist für PendlerInnen die Beeinspruchung der geplanten Direktvergabe von zusätzlichen Fahrplanangeboten, welche der Verkehrsverbund mit Dezember 2015 umsetzen wollte. Da das Urteil noch nicht öffentlich bekannt ist, sollen hier keine Spekulationen geschürt werden. Fakt ist, dass die Direktvergabe EU-rechtlich gedeckt ist und die angekündigten Fahrplanverbesserungen aufgrund des von der „Westbahn GmbH“ angestrengten Verfahrens bis auf Weiteres auf Eis liegen. Für PendlerInnen heißt es also: bitte warten. Auch in Bayern zeigt sich eine ähnliche Problematik. Dort wurde die Vergabe an einen neuen Anbieter gekippt, weil unter anderem völlig unklar ist, was mit den 700 Beschäftigten passieren soll, die bislang für den S-Bahn-Betrieb gearbeitet haben. Billig gekauft ist also auch im öffentlichen Verkehr teuer. Denn erworben werden damit Preissteigerungen bei stark nachgefragten Angeboten, Ausdünnungen, dort wo sich wenig verdienen lässt und auch der Abbau von guten Arbeitsplätzen. Und von der Goldmarie bleibt am Ende nur die Marie – für die Shareholder, die nach Erträgen rufen.