Wissenschaft: Unterwegs zwischen Erwerbsarbeit und Familienarbeit
Ausgangspunkt des Projekts war die Faktenlage, dass Frauen zu zwei Dritteln die unbezahlte Arbeit erledigen (dazu zählen vorwiegend Haushaltsführung und Kinderbetreuung), während sich Männer um 61 Prozent der bezahlten Arbeit kümmern. Weiters zeigen Statistiken, dass Frauen im Durchschnitt seltener den Pkw nutzen und insbesondere bei Arbeitswegen kürzere Distanzen zurücklegen als Männer. Damit sind sie stärker auf das Angebot im regionalen Arbeitsmarkt angewiesen, was vielfach mit Einkommenseinbußen verbunden ist.Im Rahmen des Forschungsprojekts wurden über 430 berufstätige Männer und Frauen mit Betreuungspflichten in den Regionen Triestingtal und Schneebergland befragt. Auffallend ist der hohe Pkw-Besitz von 1,9 Fahrzeugen pro Haushalt. Auf dem Weg zur Arbeit nutzten 62,2 Prozent der Befragten regelmäßig den eigenen Pkw, zu knapp 20 Prozent die Bahn und nur zu 4,4 Prozent das Fahrrad. Und das, obwohl knapp 30 Prozent der Arbeitswege kürzer als fünf Kilometer waren. Über den Tag gesehen war die Dominanz des Pkw mit einem Anteil von 83 Prozent der Wege noch ausgeprägter. Offenbar spielen mangelnde Infrastrukturen, aber auch mangelnde Informationen eine gewichtige Rolle dafür, dass multimodale Mobilitätsstile in der Region kaum Platz greifen.
Ein weiteres Problemfeld ist die hohe Mobilität der berufstätigen Frauen. Sie legten mit 4,8 Wegen am Untersuchungstag mehr Wege zurück als Männer (3,9) und wendeten auch mehr Zeit für Mobilität auf. Verantwortlich dafür ist der mit 40 Prozent hohe Anteil an Hol- und Bringwegen für die betreuten Kinder.
Mit dem Angebot im öffentlichen Verkehr sind 56 Prozent unzufrieden und 47 Prozent sind der Meinung, dass ein besserer öffentlicher Verkehr ihr alltägliches Leben erleichtern würde. Insgesamt zeigt sich, dass die hohe Verfügbarkeit des privaten Autos die gerechtere Aufteilung der Familienarbeit und den Zugang zum Arbeitsmarkt nicht unterstützt. Im Gegenteil: die Folge ist, dass Frauen neben der Berufs- und Familienarbeit zusätzlich auch noch die Verantwortung für die Mobilität der betreuten Personen übernehmen (müssen).
Als Handlungsfelder für eine gendergerechte und zukunftsfähige Mobilität im ländlichen Raum haben sich im Projekt die Unterstützung der aktiven Mobilität zu Fuß und mit dem Rad, sowie Verbesserungen des öffentlichen Verkehrs herausgestellt. Empfohlen werden vermehrte Anstrengungen zur Förderung der Bewusstseinsbildung für aktive und umweltschonende Mobilitätsformen. Darüber hinaus wird die Unterstützung der gemeinschaftlichen Nutzung von Fahrzeugen angeregt und die bessere Berücksichtigung der Bedürfnisse von Menschen unterschiedlichster Lebensrealitäten bei der Raum- und Verkehrsplanung eingefordert.
Unterwegs zwischen Erwerbsarbeit und Familie. Eine Analyse in den niederösterreichischen Regionen Triestingtal und Schneebergland. Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien. Oktober 2014. Präsentation der Studie am 22. Oktober 2014 im Rahmen der AK Veranstaltung Mobilität im ländlichen Raum. Danach zu beziehen bei: 01 50165-2698 bzw. uv@akwien.at